MARKT-AUSBLICK/Gutes Umfed für die Jahresendrally
DOW JONES--Der Markt ist doch immer wieder für Überraschungen gut: Wegen des Trump-Trades und der zugrunde liegenden Inflationsgefahren hatten viele Marktteilnehmer kürzlich noch vor steigenden Renditen gewarnt, kurz nach der US-Wahl hatte die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen sogar die Marke von 2,5 Prozent touchiert. Statt weiter zu steigen sind die Renditen zuletzt aber deutlich zurückgekommen, zehnjährige Bundesanleihen werfen nun gerade noch 2,12 Prozent ab. Damit ist die reale Rendite schon wieder negativ. Und in der Schweiz könnten sogar die Nominalrenditen laut Spekulationen am Markt wieder in den negativen Bereich drehen, wenn sich an der Stärke des Franken nichts ändert. Sinkende Zinsen sind nun mal gut für die Aktien. Das gilt auch für das kurze Ende. Da der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) deutlich zu restriktiv ist und die ohnehin schwache Konjunktur in Kerneuropa weiter bremst, ist für die EZB-Sitzung am 12. Dezember nur die Frage, ob sie den Einlagenzins um 25 oder gleich um 50 Basispunkte senkt. Damit sollte auch die Vorfreude auf die Sitzung die Stimmung an den Aktienmärkten bereits in der kommenden Woche stützen. Zwar steigen derzeit die Jahresinflationsraten, das liegt aber nur an temporären Basiseffekten. In der Eurozone wird sie spätestens im April wieder auf das EZB-Ziel von 2 Prozent zurückkehren, in den USA dürfte sie dann sogar nur noch bei 1,9 Prozent liegen, wie Robert Rethfeld von Wellenreiter Invest errechnet hat. Und es kann noch viel besser kommen.
Öl potenzieller Schmierstoff für die nächste Rally-Runde
Denn besonders gespannt blicken Marktteilnehmer nun auf den Ölpreis. Die Opec+ hat ihre für dieses Wochenende angesetzte Sitzung zwar abgesagt. Wie es zuletzt am Markt hieß, könnte Saudi-Arabien wegen der hohen russischen Produktion aber schon bald einen Preiskampf eröffnen. Sollte Brent die Marke von 70 Dollar je Barrel nicht mehr verteidigen, gilt aus technischer Sicht ein starker Rückschlag Richtung 50 Dollar als möglich. Das würde die Inflation bremsen, die Renditen weiter drücken und das Umfeld für Aktien weiter verbessern. Nebenbei würde das auch die finanzielle Situation Russlands drastisch verschlechtern und den Rubel weiter drücken.
19.468 im DAX potenzieller Startschuss
Damit bleibt eigentlich nur die Frage, wann der Startschuss für die Jahresendrally fällt. Laut technischen Analysten wäre das bei einem Anstieg über das Zwischenhoch von diesem Montag bei knapp 19.470 Punkten der Fall. Ein Überwinden würde nicht nur eine Jahresendrally auslösen, sondern eine neue Hausse-Welle. Denn der DAX würde dann eine große Flaggenformation mit einem starken Kaufsignal trendbestätigend nach oben beenden. Jörg Scherer von HSBC Trinkaus beziffert das Anschlusspotenzial für diesen Fall auf rund 20.500 Punkte. Auch an der Wall Street bleiben die Perspektiven günstig: In den vergangenen acht Jahren verliefen nur zwei Dezember-Monate negativ, 2018 und 2022. Seit 1960 legte der Dow Jones laut Wellenreiter-Invest im Durchschnitt um 1,5 Prozent zu, in Wahljahren um 1,2 Prozent. Und der DAX erzielt im Dezember laut eToro 17 Prozent seiner Jahresrendite, interessant auch deshalb, weil im Dezember ja keine Dividenden ausgeschüttet werden. eToro beruft sich dabei auf die Statistik der vergangenen 50 Jahre.
US-Arbeitsmarktbericht am Freitag stark erwartet - aber Sonderfaktoren
Am kommenden Montag werden einmal mehr Daten zu den Einkaufsmanager-Indizes veröffentlicht, wenn auch überwiegend nur in der überarbeiteten Version. Weitere Einkaufsmanager-Indizes erwarten den Markt am Mittwoch. Dann wird auch der Konjunkturbericht der US-Notenbank veröffentlicht, das so genannte Beige Book. Am Donnerstagmorgen kommt der deutsche Auftragseingang auf den Tisch. Das Highlight auf der Makroseite wird dann am Freitagnachmittag mit dem US-Arbeitsmarktbericht erwartet. Erwartet wird ein Anstieg der Beschäftigung außerhalb der Landwirtschaft um 220.000 Stellen, wobei laut Commerzbank allerdings Sonderfaktoren wie die Hurrikans für das deutliche Plus in der Schätzung verantwortlich sind. Die Stundenlöhne sollen erneut um 0,3 Prozent gestiegen sein. Auf der Unternehmensseite könnten am Dienstagabend neue Zahlen von Salesforce auch SAP Impulse geben. Am Montag gibt der Technologiekonzern Prosus seine Halbjahreszahlen bekannt, für Donnerstag hat Safran zum Kapitalmarkttag eingeladen.
Auf- und Absteiger in den Indizes werden gekürt
Daneben steht die Bekanntgabe der Index-Veränderungen am Mittwochabend im Blick: Der DAX wird zwar nach dem derzeitigen Stand im Dezember unverändert bleiben. Aber um den MDAX-Aufstieg gibt es einen Dreikampf, in dem sich mindestens ein oder zwei Titel als Aufsteiger durchsetzen werden. Bestens positioniert sind aktuell Deutsche Wohnen und Evotec, zuletzt wieder etwas zurückgefallen sind DWS. Ionos dürfte der Fast-Entry-Aufstieg in den TecDAX kaum noch zu nehmen sein, verdrängen dürften sie SMA Solar. Sollten auch Adtran Holdings aufsteigen, müssten Energiekontor den TecDAX ebenfalls verlassen. Und auch im SDAX zeichnen sich mit Springer Nature und Friedrich Vorwerk zwei Fast-Entry-Aufsteiger ab. Vollzogen werden die Beschlüsse zu Auf- und Absteigern zu den Schlusskursen am 20. Dezember, wirksam zur Eröffnung am 23. Dezember.