US-Behörden untersuchen Blockhandel an der Wall Street - Kreise
NEW YORK (Dow Jones)--In den USA ermitteln Bundesbehörden im Geschäft mit
Blockhandel an der Wall Street. Untersucht werde, ob Banker Hedgefonds-Kunden
im Vorfeld großer Aktienverkäufe unzulässige Tipps gegeben haben, berichten mit
der Angelegenheit vertraute Personen. Die US-Börsenaufsicht SEC habe
Vorladungen an Banken wie Morgan Stanley und Goldman Sachs Group sowie an
mehrere Hedgefonds verschickt und Unterlagen über Handelsgeschäfte sowie
Informationen über die Kommunikation der Investoren mit den Bankern
angefordert, sagten einige der Informanten. Laut anderen ermittelt auch das
Justizministerium in der Angelegenheit.
Morgan Stanley stand demnach schon früh im Mittelpunkt der Untersuchung. Eine
Vorladung bedeutet aber nicht, dass auch Anklage gegen eine der Firmen oder
Personen erhoben wird, deren Aktivitäten untersucht werden. Die
Aufsichtsbehörden untersuchen schon seit mindestens 2019 Unregelmäßigkeiten im
Zusammenhang mit den sogenannten "Blocktrades", seit die SEC Unterlagen von
mehreren großen Banken angefordert habe, wie informierte Personen sagten.
Die Ermittler untersuchen, ob Banker bevorzugte Kunden in unzulässiger Weise
über Verkäufe von Aktienpaketen informiert haben, bevor diese öffentlich
bekannt gegeben wurden, und ob die Fonds von den Informationen profitiert
haben, indem sie z.B. die betreffenden Aktien leerverkauft haben. Bei einem
Leerverkauf veräußert ein Anleger geliehene Aktien in der Hoffnung, sie später
zu einem niedrigeren Preis zurückkaufen zu können und die Differenz zu
kassieren. Wenn Aktien eines Unternehmens verkauft werden, fällt oft deren
Kurs, weil ein größeres Angebot auf den Markt kommt - und zwar häufig in den
Stunden vor dem Verkauf eines großen Pakets, ein Phänomen, das an der Wall
Street schon lange Fragen aufgeworfen hat.
Einige der Fonds, die Vorladungen erhalten haben, fungieren als
"Liquiditätsanbieter" für Wall-Street-Firmen, wie einige Informanten sagten.
Das heißt, diese Fonds sind bereit, große Mengen an Aktien oder anderen
Wertpapieren zu kaufen, auch solche, für die es nur wenige interessierte Käufer
gibt. Die Vorschriften, die regeln, wann und wie Wall-Street-Firmen ihre Kunden
über bevorstehende Blocktrades informieren können, sind schwammig. In einigen
Fällen stellt sich laut Anwälten die Frage, ob die Weitergabe bestimmter
Informationen oder das Handeln danach unzulässig oder gar illegal ist.
Blockhandel ist ein großes Geschäft an der Wall Street. Laut Daten von
Dealogic wurden im Jahr 2021 in den USA Transaktionen im Wert von fast 70
Milliarden US-Dollar getätigt, ein Fünfjahreshoch. Morgan Stanley war im
vergangenen Jahr die aktivste Bank, die gemessen am Wert mehr als ein Viertel
der Geschäfte anführte und mehr als 300 Millionen Dollar an Gebühren verdiente,
wie die Daten von Dealogic zeigen. Auch Goldman ist ein wichtiger Akteur in
diesem Geschäft.
Diese Art von Handel findet statt, wenn ein Unternehmen oder ein Großaktionär
eine große Menge an Aktien auf einmal verkaufen möchte. Der Verkauf in kleinen
Tranchen könnte Wochen dauern und den Preis drücken, so dass die Banken gebeten
werden, für das gesamte Paket zu bieten. In der Regel geben sie ihre Gebote mit
einem Abschlag auf den Marktpreis ab. Die Banken, die den Zuschlag erhalten,
bieten ihren Kunden die Aktien dann mit einem leichten Aufschlag auf den
vereinbarten Preis an und hoffen so, einen Gewinn zu erzielen. Die Banken
tragen dabei das Risiko, dass die Aktie vorzeitig abstürzt, bevor sie dies tun
können.
In den vergangenen Jahren hat das Blockhandelsgeschäft auch aufgrund des
Rekordvolumens von Börsengängen und anderen Geschäften wie Sekundär- oder
Folgeemissionen geboomt, da die Aktienmärkte kräftig stiegen. Zu solchen Trades
kommt es häufig, wenn nach einem Börsengang Haltefristen auslaufen, die Insider
eine gewisse Zeit lang daran hindern, ihre Aktien zu verkaufen. Unternehmen
haben auch begonnen, Blocktrades zu nutzen, weil sie effizienter sind und den
Aktienkurs weniger beeinflussen können als ein traditionelles Folgeangebot.