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vielleicht jetzt wieder ein Zock
dpa-AFX: ROUNDUP: LNG-Terminal auf Zielgeraden - Spezialschiff erreicht Wilhelmshaven
WILHELMSHAVEN (dpa-AFX) - Wer den deutschen Einstieg in den Import von
Flüssigerdgas (LNG) am Horizont vor Wilhelmshaven als Erstes erkennen wollte,
musste genau hinschauen: Nur langsam zeichnete sich der dunkelblaue Rumpf des
Spezialschiffes "Höegh Esperanza" am Donnerstagnachmittag vor dem friesischen
Dezembergrau über der Nordsee ab. Mehrere Schlepper und Dutzende kleinere und
größere Polizeiboote eskortierten das Schiff teils mit Blaulicht, bis es später
am Nachmittag an dem neugebauten LNG-Anleger nördlich des Tiefwasserhafens
Jade-Weser-Ports andocken sollte. Die "Höegh Esperanza" gilt als das technische
Herzstück des Terminals. Mit der schwimmenden Plattform soll das von
Tankschiffen angelieferte verflüssigte Erdgas (LNG) angelandet, wieder in den
gasförmigen Zustand umgewandelt und an Land gepumpt werden.
Mit der Ankunft des Spezialschiffes befindet sich das Wilhelmshavener
LNG-Terminal nun auf der Zielgeraden. Der in wenigen Monaten verwirklichte Bau
des LNG-Terminals ist Teil der Bemühungen Deutschlands, unabhängig von
Gaslieferungen aus Russland zu werden. Auch in Brunsbüttel in Schleswig-Holstein
und in Lubmin bei Greifwald sollen schwimmende LNG-Terminals noch in diesem Jahr
an den Start gehen. Das Terminal in Wilhelmshaven mit der "Höegh Esperanza" soll
das erste sein. Startklar ist dafür auch schon eine ebenfalls neugebaute, rund
26 Kilometer lange Pipeline vom LNG-Anleger bis zum nächsten Anschluss an das
Gas-Fernleitungsnetz im Landkreis Wittmund.
Bereits in gut einer Woche, am 22. Dezember, soll nach Plänen des
Betreibers, des Gasimporteurs Uniper <DE000UNSE018>, Erdgas in das deutsche
Gasnetz eingespeist werden, wenn das Terminal in Betrieb genommen wird. Denn das
Schiff wurde zuvor in Spanien mit rund 165 000 Kubikmetern LNG beladen. Laut
Uniper reicht diese Menge, um 50 000 bis 80 000 Haushalte in Deutschland ein
Jahr lang zu versorgen. Der erste Frachter, der nur LNG transportiert, wird
Mitte Januar erwartet.
Insgesamt soll das Terminal künftig mindestens 5 Milliarden Kubikmeter LNG
pro Jahr regasifizieren und in das deutsche Gasnetz einspeisen. Das entspricht
rund sechs Prozent des deutschen Gasbedarfs und würde so rund 11 Prozent von
Deutschlands Gasimporten aus Russland ersetzen. Technisch möglich wären laut
Daten der Reederei mit der "Höegh Esperanza" bis zu 7,5 Milliarden Kubikmeter.
Diese Kapazität kann laut Uniper wegen der geringen Wassertemperatur der Nordsee
aber nicht erreicht werden.
"Damit in ein paar Tagen das erste Gas fließen kann, gibt es noch einiges zu
tun", sagte der für Investitionsplanung zuständige Uniper-Manager Holger Kreetz
in einer Mitteilung. Kreetz sprach von einer "guten, zielstrebigen
Zusammenarbeit" zwischen den beteiligten Unternehmen, Behörden und der Politik.
Die erreichte Geschwindigkeit solle als Blaupause für die Energiewende genutzt
werden, sagte er.
Noch fehlen für die Inbetriebnahme des Wilhelmshavener Terminals die wasser-
und emissionsrechtlichen Genehmigungen - diese sollen am Freitag von den
Behörden an den Betreiber Uniper übergeben werden. Schon am Samstag soll dann
die offizielle Eröffnung folgen. Dann werden unter anderem Bundeskanzler Olaf
Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Niedersachsens
Regierungschef Stephan Weil (SPD) am Terminal erwartet.
Politprominenz suchte man bei der Schiffsankunft am Donnerstag vergeblich.
Dafür verfolgten Dutzende Schaulustige bei Temperaturen um den Gefrierpunkt vom
Außenhafen des Küstenortes Hooksiel aus das Anlegemanöver. All zu dicht an den
Anleger kamen sie aber nicht, ein Großaufgebot der Polizei sicherte die Ankunft
der "Höegh Esperanza".
"Unsere Hauptaufgabe hier ist eindeutig, dass LNG-Terminal zu schützen und
auch das eintreffende Schiff hier zu schützen", sagte der Sprecher der
Polizeidirektion Oldenburg, Helge Cassens. Polizeiautos versperrten
Zufahrtsstraßen, ein Polizeihubschrauber kreiste immer wieder über dem Gelände.
Für Drohnen galt zudem ein Flugverbot im Umkreis von 2,5 Kilometern. Eine
konkrete Gefahrenlage habe es aber nicht gegeben, sagte Cassens.
Viele Umweltschützer, Anwohner und Fischer sehen das Terminalschiff vor
ihrer Küste in Friesland allerdings kritisch. Umweltschutzverbände halten sich
gegen die bevorstehende Genehmigung Klagen offen. Die Kritik entzündet sich
dabei vor allem an der Einleitung von mit Bioziden behandelten Abwässern.
Denn um das von Tankern mit etwa minus 162 Grad angelieferte verflüssigte
Erdgas wieder in Gas umzuwandeln, muss es an Bord der schwimmenden LNG-Terminals
mit Nordseewasser erwärmt werden. Damit die Seewassersysteme des Schiffes nicht
mit Muscheln oder Seepocken zuwachsen, muss laut dem Betreiber Uniper Chlor als
Biozid eingesetzt werden. Wie aus Antragsunterlagen hervorgeht, beabsichtigt
Uniper, jährlich bis zu 178 Millionen Kubikmeter mit Bioziden behandelte
Abwässer in die Jade einzuleiten. Umweltschützer fürchten Schäden für die
Nordsee und das angrenzende Unesco-Weltnaturerbe Wattenmeer.
"Dieser Eingriff in ein gesetzlich geschütztes Unterwasserbiotop zerstört
den Lebensraum zahlreicher, teils bereits gefährdeter Tier- und Pflanzenarten",
teilte der Landesvorsitzende des Naturschutzbund Deutschland (Nabu) in
Niedersachsen, Holger Buschmann, am Donnerstag mit. Dass bei dem beschleunigten
Genehmigungsverfahren auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet wurde,
sei "absolut unverantwortlich". Die niedersächsischen Behörden und der grüne
Energieminister Christian Meyer wiesen dagegen zuletzt daraufhin, dass alle
geltenden Grenzwerte eingehalten werden./len/DP/men
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