Interna aus der Finanzverwaltung
Die „geheimen“ Infoquellen des Fiskus
Von Lutz Schumann
10. Dezember 2007 Diese Informationsquellen stehen der Finanzverwaltung zur Verfügung, um Informationen über die Steuerbürger einzusammeln.
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Eine Auskunftspflicht gegenüber dem Fiskus haben alle Steuerzahler, wenn es um ihr Einkommen geht. So weit, so gut. Allerdings müssen diese erforderlich, verhältnismäßig, erfüllbar und zumutbar sein.
Kleiner Pferdefuß: Die Finanzbeamten haben einen großen Ermessensspielraum. Bei besonderen Anfragen des Finanzamts, wie beispielsweise die vor einigen Monaten gestartete Fragebogenaktion an Besitzer spanischer Ferienimmobilien, sollte der Betroffene in jedem Fall zunächst seinen Steuerberater oder einen im Steueranwalt einschalten. Wer solche Fragen ohne fachliche Hilfe beantwortet, schießt schnell ein Eigentor.
Andere Personen
Dieter Ondracek, Chef der Gewerkschaft der Finanzbeamten weiß, dass anonyme Hinweise in der Finanzverwaltung einen hohen Stellenwert haben und in 20 Prozent aller Steuerfahndungsfälle die Informationen zunächst von einem Dritten stammen: „Fast immer wissen Familienangehörige oder leitende Angestellte zumindest von einem Teil der Tricksereien.“ Die Motive für eine Anzeige sind dann: „Erbstreitigkeiten, enttäuschte Liebe, gekündigte Arbeitsverhältnisse oder einfach nur Neid“, so Ondracek.
Dabei stellen die Finanzbeamten eine steigende Qualität der Informationen fest. Gab es früher oft nicht mehr als vage schriftliche Hinweise wie „Sehr geehrtes Finanzamt, schauen Sie sich doch mal die Druckerei Meier an, dort wird schwarz gearbeitet“, landen im Zeitalter von PC und Online-Banking immer öfter Dateien mit der detaillierten Buchführung einer Firma oder der privaten Vermögensverwaltung des Unternehmers beim Fiskus.
Und dieser weiß die neue Auskunftsbereitschaft sehr wohl zu nutzen. Bereitschaftsdienste gibt es inzwischen in allen größeren Finanzämtern. Die Rheinländer haben gar wegen der vielen anonymen Anzeigen eine Art Denunzianten-Hotline eingerichtet.
Dass der Nachschub an Informationen über anonyme Anzeigen irgendwann abreißen könnte, das glaubt der Fiskus nicht. Ganz im Gegenteil, besonders nach Wochenenden, Feiertagen und Schulferien bekommen die Finanzbeamten viel Post und viele Anrufe; alles Folgen ordentlicher Hauskräche.
Sonstige Quellen
Besonders beliebt bei der Steuerverwaltung sind Kreditkarten. Der Grund: Die meisten Besitzer dieser nützlichen Plastikkärtchen wissen nicht, dass Kreditkartengesellschaften keine Banken sind. Das (minimale) Bankgeheimnis gilt für die deutschen Niederlassungen von American Express, Eurocard, Visa und Diners nicht. Auf Anfrage müssen die Gesellschaften postwendend die angeforderten Unterlagen, etwa Abrechnungsunterlagen bis zehn Jahre zurück, dem Fiskus zur Verfügung stellen - auch ohne richterliche Anordnung. So kann der Fiskus Reisen bei eifrigen Kartennutzern fast auf die Stunde exakt nachzeichnen.
Übrigens: Auch die Zeitungslektüre ist bei Finanzbeamten nicht nur als Freizeitbeschäftigung beliebt. So gibt es bei den Oberfinanzdirektionen spezielle Abteilungen, die sich der Auswertung regionaler und überregionaler Zeitungen verschrieben haben. Besonders beliebt sind dabei die umfangreichen Kleinanzeigenteile für Autos, Immobilien und Boote. Viele Schwarzgeldtrickser sind dabei schon aufgefallen, weil sie ihre teuren Ferienhäuser im Ausland und ihre Luxusboote per Chiffre-Anzeige verkaufen wollten. Was sie nicht wussten: Die Anzeigenabteilungen der Zeitungen müssen dem Finanzamt den Verkäufer nennen, selbst wenn sich dieser hinter einer anonymen Chiffre versteckt hat.
Selbst Zeitungsartikel über Einbrüche führen den Fiskus manchmal zu einem Steuerhinterzieher. Wenn dort berichtet wird, dass dem Unternehmer Cleverle bei einem Einbruch seine millionenschwere Kunstsammlung gestohlen wurde, regt sich die Neugierde jedes Finanzbeamten.
Versicherungen
Im Rahmen von Betriebsprüfungen bei großen Versicherungen interessieren sich die Beamten auch für Verträge verschiedener Sparten. Fallen ihnen beispielsweise hohe Hausrat- oder Kunstpolicen in die Hände, ist eine Kontrollmitteilung an das zuständige Finanzamt des Versicherungsnehmers fällig.
Während der Prüfung einer anderen Gesellschaft schrieb der Prüfer Kontrollmitteilungen von Personen, die so genannte Oldtimer-Kennzeichen beantragt hatten. Auch bei dieser Aktion fielen mehrere Liebhaber alter Autos auf, deren versteuertes Vermögen für die Anschaffungen dieser Fahrzeuge nicht ausreichten.
Reisebüros
Bei den Prüfungen von Reisebüros und Fluggesellschaften schreiben die Beamten gerne Kontrollmitteilungen von Kunden, die Luxusreisen gebucht haben. Dies gilt teilweise schon bei Buchungen ab 10.000 Euro. Mit Hilfe dieser Mitteilungen werden die Einkommensteuererklärungen der betroffenen Urlauber überprüft, ob diese überhaupt so viel Geld zur freien Verfügung gehabt haben.
Bundeszentralamt für Steuern (BZSt)
Das BZSt hieß bis Ende 2005 Bundesamt für Finanzen und ist die zentrale Datensammelstelle der deutschen Finanzverwaltung. Seit dem 1. April 2005 speichert der Fiskus die Kontendaten der Kreditinstitute. Folgende Daten werden mit Zugriff beim BZSt gespeichert:
- Datum der Errichtung und Auflösung des Kontos oder Depots,
- Name und Geburtsname des Inhabers und des Verfügungsberechtigten,
- Geburtsdatum,
- Anzahl der bei diesem Kreditinstitut unterhaltenen Konten und Depots,
- Kontonummer.
Nicht enthalten sind allerdings Daten über Kontenbewegungen und Depotstände.
Mit Hilfe dieses umfangreichen Datenpools können die Beamten schnell überprüfen, ob auch tatsächlich alle Konten in der Steuererklärung auftauchen oder bei säumigen Bürgern nach Bankverbindungen für die Vollstreckung suchen. Neben der Finanzverwaltung dürfen auch die BfA oder Sozialämter auf diese Daten zugreifen.
Meldungen auch aus dem Ausland
Nicht zu vergessen ist die EU-Zinsrichtlinie, die seit Juli 2005 in Kraft ist. Seitdem melden 21 EU-Staaten sowie eine Reihe von Steueroasen wie Gibraltar oder die Cayman-Inseln Kapitalerträge deutscher Anleger nach Bonn. Von dort aus gelangen die Daten dann an die Finanzämter und bei Bedarf auch an die Sozialbehörden. Umgekehrt melden die Beamten auch die Erträge ausländischer Anleger hierzulande über die Grenze.
Die Erträge deutscher Sparer z.B. aus den Niederlanden, Polen oder Dänemark werden dann jährlich der heimischen Finanzbehörde gemeldet. Selbst wenn Sie nur einen Euro an Zinsen erhalten, wird Ihre ausländische Kontoverbindung transparent. Nachfragen des Finanzamts über detaillierte Auflistungen von Auslandserträgen in den vergangenen Jahren sowie nach der Herkunft der Gelder sind für die Betroffenen damit programmiert.
Das Bundeszentralamt kennt zudem schon seit Jahren sämtliche heimische Konten und Depots, auf denen auch nur ein Euro auf Grund von Freistellungsaufträgen ohne Steuerabzug landet. Der Grund: Die heimischen Banken melden automatisch online solche Erträge, nach Aktien und Zinspapieren getrennt. Auf die gesammelten Daten können die Finanzämter online zugreifen. Sie werden auch von den Sozialleistungsträgern intensiv zum Datenabgleich genutzt.
Was zu viele Informationen bewirken können
Die zahlreichen Informationsquellen, die den Finanzämter zur Verfügung stehen, erhöhen das Risiko beträchtlich ins Visier der Steuerfahndung zu geraten. So geschehen bei einer Frau, der nach dem Tod ihres Mannes eine steuerfreie Lebensversicherung ausgezahlt wurde. Damit kaufte sie ihrem Schwager für 45.000 Euro eine Motoryacht ab. Den für den Schwager zuständigen Finanzbeamten fiel das auf und er stellte weitere Erkundigungen an. Obwohl schon der Schwager auf den Todesfall und die Lebensversicherung verwies, wurde die Steuerfahndung tätig.
Das Fatale: Beim Standesamt war der Tod des Ehemanns nicht aktenkundig. Denn dieser er war in den Niederlanden verstorben und die entsprechenden Dokumente lagen hiesigen Behörden noch nicht vor.
Statt zunächst bei der Betroffenen weitere Unterlagen anzufordern, erwirkten die Beamten einen Durchsuchungsbeschluss gegen die Eheleute sowie ihre Hausbank. Obwohl die Witwe die Sterbeurkunde und eine Rechnung über Beerdigungskosten den Beamten der Steuerfahndung sofort vorlegte, setzten diese die Durchsuchung fort und beschlagnahmten zahlreiche Papiere - als mögliche Beweise für die Steuerhinterziehung. Erst nachdem ein Anwalt eingeschaltet wurde, stellte die Fahndung das Verfahren ein.
Jeder kann Besuch von der Steuerfahndung bekommen. Ein einziger anonymer Anruf eines neidischen Nachbarn oder Konkurrenten reicht aus. Das alles sind Gründe genug, sich mit den Rechten und Pflichten der Steuerfahndung auszukennen.
Hier finden Sie Tipps des Steuer-Schutzbriefs für den Umgang mit der Steuerfahndung, zum Beispiel wie Sie sich auf den ungeliebten Überraschungsbesuch vorbereiten und Sie sich während einer Hausdurchsuchung verhalten.
http://www.steuer-schutzbrief.de/st...ter/specials/besuch-steuerfahndung-teil1.html
Lutz Schumann ist Chefredakteur der Internetplattform
www.steuer-schutzbrief.de und des gleichnamigen Steuer-Newsletters mit Steuertipps für Selbstständige, Immobilienbesitzer, Kapitalanleger, Rentner und Angestellte. Zudem ist er Herausgeber einer steuerlichen eBook-Ratgeberreihe.
http://www.faz.net/s/RubBD6B20C3D01A48D58DA92331B0A80BC3/Doc~E4A9A41CAF93F41FAAA54F59849858CE7~ATpl~Ecommon~Scontent.html