News - 02.09.07 20:40
Das Kapital: Nichts für Hartgesottene
Die meisten Akteure an den Finanzmärkten sind hartgesottene Gesellen. Weitere Themen in diesem Kapital sind die Metro und George W. Bush.
Deshalb rümpfen selbst in der aktuellen Situation die wenigsten die Nase darüber, wenn immer wieder behauptet wird, am Dollar führe für internationale Anleger schon aufgrund des "Innovationsvorsprungs" des amerikanischen Finanzmarktes kein Weg vorbei. Angesichts des US-Ramschhypothekendebakels klingt das zynisch. Aber so ist es nicht gemeint. Die These steht nach wie vor ernsthaft im Raum, obwohl der S&P 500 per saldo seit zehn Jahren stagniert, wenn man in Euro rechnet und die Verbraucherpreisinflation berücksichtigt.
Apropos Inflation. Laut EU-Verbraucherumfrage ist in der Euro-Zone die gefühlte Inflation im August so stark gestiegen wie selten zuvor. Die für die kommenden zwölf Monate erwartete Inflation ist wieder so hoch wie Ende 2006, als die deutschen Verbraucher den Mehrwertsteuerschock befürchteten. An der Börse aber zuckt man darob bloß mit den Schultern. Die Leute wollen einfach nicht verstehen, dass bloß Güter des täglichen Bedarfs teurer werden, neben Energie also etwa Brot, Butter oder Fleisch. Die Preise für größere Anschaffungen wie Elektrogeräte, Bekleidung, Reisen oder Autos stiegen dagegen kaum.
Das mag ja stimmen. Nur werden dabei ein paar lästige Einzelheiten übersehen. Laut der jüngsten Erhebung des Statistischen Bundesamtes hatten die untersten zehn Prozent auf der Einkommensskala 2003 im Median ein Haushaltsnettoeinkommen von 778 Euro, die folgenden zehn Prozent von 1143 Euro und die nächsten von 1456 Euro. Vielleicht sollten die Börsianer, wenn sie schon kein Mitgefühl zeigen, einmal bedenken, dass bei diesen Einkommen möglicherweise kein Geld mehr für billige Großanschaffungen übrig bleibt, nachdem die Dinge des täglichen Bedarfs besorgt sind.
Diese Gruppen stellen nur einen kleinen Teil des Gesamteinkommens. Aber angesichts der moderaten Lohnentwicklung hat auch die Mittelschicht zu kämpfen, nachdem so elementare Dinge wie Wohnen, Gesundheit, Verkehr und Bildung seit dem zweiten Quartal 1999 kumuliert um 18, 27, 28 und 50 Prozent teuer geworden sind. Und ist es für Bezieher niedriger Einkommen wirklich ein Trost, dass der Preis von Autos seither bloß um zwölf Prozent gestiegen ist, wenn die Unterhaltungskosten gleichzeitig um 38 Prozent zugelegt haben?
Insgesamt sinkt das Masseneinkommen - Nettolöhne und -gehälter zuzüglich monetärer Sozialleistungen - seit dem dritten Quartal 2002, wenn man es um den Konsumdeflator bereinigt. Vielleicht erklärt das ja das ernüchternde Niveau der deutschen Einzelhandelsumsätze. Da kann man nur hoffen, dass die Weltkonjunktur hält, bis sich der Arbeitsmarktaufschwung endlich in den Portemonnaies des gemeinen Volkes manifestiert.
Metro
Wieder mal sollen es die Immobilien richten. Auch für den anfänglichen Kurssprung der Metro -Aktie vergangenen Freitag musste die Hoffnung herhalten, dass die jetzt dominierenden Familien Haniel und Schmidt-Ruthenbeck endlich Metros verborgenen Immobilienschatz heben könnten. Daneben könnten sie natürlich auch beherzter die Sorgenkinder Real und Kaufhof angehen und, einmal in Schwung, eigentlich den ganzen Laden zerlegen, das schafft ja immer Shareholder Value.
Droht also ein ähnlicher Aktivismus wie beim Rivalen Karstadt, wo laufend Werte nur durch Umgruppierungen der Konzerntöchter geschaffen werden, ohne dass es operativ deutlich vorwärts geht? Noch ist unklar, was die neuen Mehrheitseigner konkret vorhaben, doch ist zu vermuten, dass Haniel gut informiert ist und damit umzugehen weiß.
Die größte Unbekannte ist in der Tat der Immobilienwert, über den Metro wenig redet. Dass die teilweise vor vielen Jahren gekauften Grundstücke in Russland und China heute ein Vielfaches wert sind, weiß jeder. Doch ein Wievielfaches, wissen nur Wenige. Gut möglich, dass eine separat notierte Immobilientochter mehr wert wäre, als der Handel selbst. Und bevor das alle wissen, stocken die Eingeweihten noch mal auf. Vielleicht sollte man es ihnen gleichtun. Beim letzten öffentlichen Insiderhandel - Porsche-VW - klappte das ja auch.
George W. Bush
Ich beabsichtige, Wohnungseigentümern zu helfen, denn die Regierung ist hier gefordert. Aber es ist nicht die Aufgabe der Regierung, Spekulanten aus der Patsche zu helfen,
oder jenen, die sich Häuser gekauft haben, die sie sich nicht leisten können", erläuterte US-Präsident Bush am Freitag seinen Hypotheken-Rettungsplan. Eingedenk dieser Einschränkungen könnte der Präsident die Hilfe vermutlich aus der linken Hosentasche finanzieren, denn die Fälle, in denen weder Mutwille noch Leichtsinn im Spiel waren, dürften an einer Hand abzuzählen sein. Und wie reagiert der Aktienmarkt auf den Schwindel? Er bejubelt den ordnungspolitischen Sündenfall.
Quelle: Financial Times Deutschland
Wem will der Typ dann eigentlich helfen?????
