Alphabet, die Muttergesellschaft von Google, hat am Mittwoch überraschend ihre Investitionspläne für das laufende Jahr auf rund 85 Milliarden US-Dollar angehoben und für das kommende Jahr einen weiteren Anstieg angekündigt. Als Grund nannte das Unternehmen die enorme Nachfrage nach seinen Cloud-Computing-Diensten. Der Internetriese übertraf die Erwartungen der Wall Street bei Umsatz und Gewinn deutlich. Maßgeblich dazu beigetragen haben neue KI-Funktionen sowie ein stabiler Markt für digitale Werbung.
Das Umsatzwachstum wurde vor allem durch die Google-Cloud-Sparte angetrieben, deren Erlöse um fast 32 Prozent zulegten - deutlich über den Schätzungen von 26,5 Prozent. "Angesichts der starken und wachsenden Nachfrage nach unseren Cloud-Produkten und -Dienstleistungen erhöhen wir unsere Investitionen in Sachanlagen," erklärte CEO Sundar Pichai in einer Pressemitteilung zu den Quartalszahlen. Die Aktien des Unternehmens, die seit dem letzten Quartalsbericht im April bereits mehr als 18 Prozent zugelegt hatten, gaben nach der Veröffentlichung der Zahlen zunächst im nachbörslichen Handel nach. Sie erholten sich jedoch wieder, nachdem die Führungsspitze in einer Analystenkonferenz die starke Cloud-Nachfrage bekräftigte.
Die geplante Erhöhung der Investitionen überraschte jedoch viele Anleger. "Ich glaube nicht, dass irgendjemand mit einer Änderung der Investitionsprognose für 2025 gerechnet hat," sagte Dave Wagner, Portfoliomanager bei Aptus Capital Advisors. "Google hatte ein fantastisches Quartal, es war ein klarer Überraschungserfolg - aber dieser Anstieg der Investitionen um 10 Milliarden Dollar hat das Ergebnis etwas relativiert." Die Investitionen sollen laut Finanzchefin Anat Ashkenazi auch 2026 weiter steigen, getrieben von der Nachfrage und neuen Wachstumschancen. Ashkenazi ergänzte, dass sich die Geschwindigkeit beim Ausbau der Serverinfrastruktur zwar verbessert habe, Alphabet aber weiterhin mit einer größeren Kundennachfrage nach Cloud-Diensten konfrontiert sei, als das Unternehmen aktuell bedienen könne. Ursprünglich hatte Google für dieses Jahr rund 75 Milliarden Dollar an Investitionen zugesagt - Teil der mehr als 320 Milliarden Dollar, die die großen Tech-Konzerne in den Ausbau ihrer KI-Fähigkeiten stecken wollen.
CLOUD-GEWINNE
Der Aufstieg künstlicher Intelligenz hat die Nachfrage nach Cloud-Computing-Diensten deutlich angekurbelt.Google Cloud liegt beim Gesamtumsatz zwar weiterhin hinter Amazons AWS und Microsofts Azure, versucht aber mit eigenen KI-Angeboten und hausintern entwickelten TPU-Chips, die mit Nvidias GPUs konkurrieren, Boden gutzumachen. Die Kundenzahl in diesem Geschäftsbereich wuchs laut Pichai im Quartalsvergleich um 28 Prozent. "Die Vielseitigkeit unseres KI-Portfolios, die Breite unseres Angebots - sei es durch unsere Modelle auf GPUs oder TPUs für unsere Kunden - all das treibt die Nachfrage entscheidend an," so Pichai. Ein großer Erfolg für Alphabet: ChatGPT-Entwickler OpenAI hat Google Cloud kürzlich als weiteren Anbieter für Cloud-Kapazitäten aufgenommen, wie Reuters im Juni exklusiv berichtete. Diese Kooperation überraschte, da beide Unternehmen im Bereich KI direkt konkurrieren. Für OpenAI ist es zugleich ein Schritt, sich unabhängiger von Hauptsponsor Microsoft zu machen. Der Anstieg der Investitionen löst dennoch Bedenken hinsichtlich Alphabets Monetarisierungstempo und der kurzfristigen Profitabilität aus, meint Jesse Cohen, Senior Analyst bei Investing.com. Alphabet und andere Branchengrößen verteidigen ihre massiven KI-Ausgaben angesichts wachsender Konkurrenz aus China und der Ungeduld von Investoren, die schnellere Renditen erwarten. Die Unternehmen betonen, dass diese Investitionen notwendig sind, um Wachstum und Produktqualität zu sichern.
KI-WETTLAUF
Auch die neuen KI-Funktionen von Google Search wie AI Overviews und AI Mode steigern die Nutzerbindung und helfen, der wachsenden Konkurrenz durch Chatbots wie ChatGPT zu begegnen, die rasant an Popularität gewinnen.AI Mode erreichte nur zwei Monate nach dem Start der großflächigen Einführung auf der Entwicklerkonferenz bereits 100 Millionen monatlich aktive Nutzer. Googles eigener ChatGPT-Konkurrent Gemini kommt laut Pichai auf mehr als 450 Millionen monatliche Nutzer. Die Werbeeinnahmen von Google - sie machen etwa drei Viertel des Gesamtumsatzes aus - stiegen im zweiten Quartal um 10,4 Prozent auf 71,34 Milliarden Dollar und übertrafen damit die Erwartungen von 69,47 Milliarden Dollar (LSEG-Daten). "Hoffentlich dämpft das die Sorgen der Investoren, die befürchtet hatten, dass Produkte wie OpenAI/ChatGPT das Wachstum der Google-Suchanfragen bremsen könnten," sagte Dan Morgan, Senior Portfoliomanager bei Synovus Trust. Alphabet meldete für das am 30. Juni abgeschlossene zweite Quartal einen Gesamtumsatz von 96,43 Milliarden Dollar - laut LSEG-Daten deutlich über dem Analystendurchschnitt von rund 94 Milliarden Dollar. Der Gewinn je Aktie lag im Berichtszeitraum bei 2,31 Dollar und damit über den Schätzungen von 2,18 Dollar.