Deutsche Solarfirmen machen Millionenverluste.
Von wegen sonnige Zeiten nach dem Super-GAU in Fukushima. Im ersten Quartal rutschten mehrere Solarfirmen in die roten Zahlen. Vor allem Q-Cells enttäuschte. Von den sieben Solarfirmen, die am Donnerstag ihre Bilanzen vorlegten, konnten nur zwei überzeugen.
Die Hoffnung auf eine Energiewende nach der atomaren Katastrophe in Japan hat zuletzt die Solaraktien beflügelt. Die Realität sieht jedoch anders aus: In der Solarbranche herrscht Katerstimmung. "Die Erwartungen an einen Nachfrageschub nach Fukushima haben sich nicht erfüllt", sagt Solar-Experte Wolfgang Hummel von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Steigende Rohstoffkosten, der Preisverfall in der Branche und Subventionskürzungen machen den Firmen schwer zu schaffen. "Trotz der Ereignisse in Fukushima und der in Deutschland intensiv geführten Diskussion über die Energiewende zeigen sich kurzfristig keine strukturellen Änderungen auf den internationalen Solarmärkten", klagt Nedim Cen, Chef von Q-Cells.
Solarworld trotzt dem Branchentrend
Gehen für Solaraktien die Lichter aus?
Q-Cells
2.35-0.23-8.91%Q-Cells leidet unter Preisdruck und Asien-Konkurrenz
Abzulesen ist dies an den Quartalsbilanzen, die die Solarfirmen am Donnerstag vorlegten. Q-Cells, Conergy, Solon und Sunways machten Millionenverluste. Am härtesten traf es Q-Cells. Der Solarzellenhersteller, der sich 2010 in die Gewinnzone zurückgearbeitet hatte, rutschte im ersten Quartal wieder tief in die roten Zahlen. Unterm Strich gab es einen Verlust von 41 Millionen Euro. Der operative Verlust stieg im Vergleich zum Vorjahresquartal um 1,3 Millionen auf 10,6 Millionen Euro. Der Umsatz brach um fast die Hälfte auf 125,1 Millionen Euro ein.
Q-Cells-Chef Cen verweist auf die schwache Nachfrage in Deutschland, Frankreich und Italien. "Die Geschäfte in Italien kamen beinahe zum erliegen", erklärt er. Den Einbruch hätten andere wachsende Märkte wie Nordamerika und Asien nicht kompensieren können. Das hätte zu einem neuerlichen Preisdruck in der Branche geführt, zumal immer neue Solarfabriken in Asien in Betrieb gehen, heißt es bei Q-Cells. Hinzu kamen hohe Preise für Silber und Silizium, die die Solarzellenproduktion verteuerten.
Jahresprognose kassiert
Nach dem schwachen Jahresbeginn kassierte Q-Cells gleich noch seine Jahresprognose ein. Das Unternehmen könne keine Aussagen mehr über das operative Ergebnis im laufenden Jahr machen. Es sei völlig unklar, wie sich die Nachfrage, Preise und Kosten entwickeln, klagt Q-Cells-Chef Cen.
Händler sprachen von "schrecklichen Zahlen". Die Aktie verliert 3,5 Prozent auf 2,50 Euro. Damit notiert das Papier wieder exakt da, wo es Anfang des Jahres stand.
Conergy0.32-0.03-9.91%Conergy vervierfacht Verlust
Ernüchternd war auch die Bilanz von Conergy. Das schwer angeschlagene Photovoltaik-Unternehmen erlitt im ersten Quartal einen Verlust von 20,7 Millionen Euro - vier Mal mehr als im Vorjahreszeitraum. Selbst operativ verzeichnete Conergy einen Fehlbetrag von 12,3 Millionen Euro beim Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen). Einziger Lichtblick: der Umsatz stieg dank der Expansion im Ausland um fast neun Prozent auf 163,3 Millionen Euro.
Der Preisdruck sei größer als erwartet, teilte das Hamburger Unternehmen mit. Ob die Jahresziele noch zu schaffen seien, hänge von der Entwicklung im zweiten Quartal ab. Noch hält Conergy an seiner Prognose fest, das Ebitda auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag steigern zu wollen.
Die Anleger sind skeptisch. Die Conergy-Aktie fällt um drei Prozent auf 0,35 Euro. Solar-Experte Hummel bezweifelt, ob das geänderte Geschäftsmodell vom Modulproduzenten zum Hersteller von schlüsselfertigen Anlagen Erfolg habe.
Solon
3.24-0.40-11.20%Italien lastet auf Solon
Noch stärker nach unten geht es mit der Aktie von Solon. Der Solartitel bricht um sechs Prozent auf 3,43 Euro ein. Zuletzt hatte sich der Titel spürbar erholt.
Die Berliner Solarfirma weitete im ersten Quartal den Verlust um mehr als das doppelte auf 21 Millionen Euro und das negative operatives Ergebnis auf 17 Millionen Euro aus. Der Umsatz sank auf 65,2 Millionen Euro. Als Begründung verwies Solon auf den ausgebliebenen Nachfrageschub nach Solaranlagen in Deutschland und die unsicheren Rahmenbedingungen in Italien. Dort wurde das seit Jahresbeginn geltende Einspeisegesetz zum 31. Mai außer Kraft gesetzt, eine Nachfolgeregelung verzögert sich. "Der Sanierungskurs von Solon zeigt wenig Erfolg", kritisierte Solar-Experte Hummel. Für das vielversprechende Projekt- und Großkraftwerk-Geschäft fehle zudem die notwendige Finanzkraft.
sunways3.89-0.17-4.25%Sunways rutscht in rote Zahlen
Auch die Firma Sunways vom Bodensee litt unter der schwachen Marktnachfrage. Der Solarzellen- und -Modulhersteller schrieb einen Verlust von 2,7 Millionen Euro, nachdem er noch im Vorjahreszeitraum schwarze Zahlen geschafft hatte. Das Ebit war mit minus 3,5 Millionen Euro ebenfalls negativ. Der Umsatz halbierte sich auf 22,2 Millionen Euro.
Bereits vor einer Woche hatte Sunways seine Umsatz-Jahresprognose zurückgenommen. An dem anvisierten Ebit-Margenziel im niedrigen einstelligen Prozentbereich halten die Konstanzer jedoch fest. Die Aktie gibt um fünf Prozent nach.
S.A.G. SOLARSTR...
4.62+0.10+2.41%S.A.G. Solarstrom schwimmt gegen den Strom
Nur wenige Solarfirmen können sich der schlechten Marktlage entziehen. Zu ihnen zählt S.A.G. Solarstrom. Die Solarfirma hat im ersten Quartal den Umsatz mehr als verdoppelt auf 78,9 Millionen Euro und das Ergebnis mehr als verdreifacht. Das Ebit lag bei 5,1 Millionen Euro. Die Auslandsexpansion kompensierte das schwache Deutschland-Geschäft. Maßgeblich zum guten Ergebnis beigetragen habe ein Großprojekt in Norditalien. Die Aktien von S.A.G. Solarstrom legen denn auch um fast zwei Prozent zu.
ALEO SOLAR AG N...23.85+0.15+0.63%Aleo bleibt profitabel
Auch die Papiere von Aleo Solar können sich in einem schwachen Marktumfeld behaupten. Sie klettern um 0,6 Prozent auf 23,85 Euro. Der Solartitel hat seit Jahresbeginn gut 40 Prozent zugelegt. Dies liegt allerdings auch an der Übernahmefantasie. Bosch hat seine Anteile an Aleo auf 82 Prozent aufgestockt.
Die Solarfirma aus Odenburg in Niedersachsen hat den Umsatz mit 96,5 Millionen Euro relativ konstant gehalten. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) schrumpfte allerdings beträchtlich von 11,5 Millionen auf zwei Millionen Euro.
Solarworld10.54+0.13+1.24%Solarworld wächst dank des Auslands
Auch der Branchenprimus Solarworld hat dank guter Geschäfte im Ausland der trüben Stimmung der Branche getrotzt. Der Überschuss kletterte von 5,3 auf 12,5 Millionen Euro. Die Exportquote konnte mehr als verdoppelt werden auf 71 Prozent. Der Preisdruck bremste allerdings das Umsatzwachstum. Die Erlöse stiegen nur um drei Prozent auf 233 Millionen Euro.
Ungewisse Perspektiven
Angesichts der zunehmenden Expansion asiatischer Wettbewerber rechnet Solarexperte Hummel auch für das zweite Quartal mit keiner Besserung der Situation. Der Preisverfall bei Solarzellen und Modulen dürfte anhalten.
Die Hoffnung der Solarbranche richtet sich nun auf das zweite Halbjahr. Die neuerliche Absenkung der Einspeisevergütung in Deutschland zum 1. Juli 2011 könnte zu einem erneuten Nachfrageboom führen, heißt es in der Branche. Ob es tatsächlich bald zum "Fukushima-Effekt" kommt, ist umstritten. "Eine stärkere Abkehr von Kernenergie führt international zu einer zusätzlichen Nachfrage nach Öl, Kohle und Erdgas", glaubt Solar-Wissenschaftler Hummel von der HTW Berlin. Außerdem sei Solarenergie immer noch auf staatliche Subventionen angewiesen. Angesichts der Verschuldung seien vielen Staaten enge Grenzen gesetzt bei einem Kurswechsel im Energiesektor.