Artikel und Diskussionen zu Wirtschaftsprognosen & Wirtschaftlichen Zusammenhängen

Bankberater packen aus: "Ich habe Sie betrogen"

Von Melanie Bergermann

Wirtschaftswoche (04.02.08) - In vielen Filialen deutscher Banken herrschen Zustände wie in einer Drückerkolonne. Jetzt packen Bankberater aus: Wie sie Kunden belügen, weil sie dem Vertriebsdruck, den Drohungen und Demütigungen ihrer Vorgesetzten nicht mehr gewachsen sind. Sie sind Opfer und Täter zugleich. Der Report über ein Tabuthema.

Besser könnte der Eindruck nicht sein. Eine Dame in dunklem Anzug kommt dem Bankkunden schwungvoll entgegen. Karina B.* ist um die 30 und Privatkundenbetreuerin einer Filiale der SEB Bank im Ruhrgebiet. Sie lächelt verbindlich, nimmt den Kunden in der Eingangshalle mit festem Händedruck in Empfang und führt ihn zu ihrem tadellos aufgeräumten Schreibtisch. Bei einer Tasse Kaffee erkundigt sich Karina B. nach dem persönlichen Befinden – „und was machen die Kinder?“ Sie kennt den Kunden gut, sie weiß, was er auf der hohen Kante hat. Deswegen hat sie ihn ja heute eingeladen. Nach wenigen Minuten lenkt sie das Gespräch auf eine „ganz besondere Anlagechance“, ein Zertifikat für 10.000 Euro. Das, sagt sie, sei genauso sicher wie Festgeld, die Rendite garantiert, genau das Richtige für ihn. Der Kunde ist schnell überzeugt: „Wenn Sie das sagen, wird es schon stimmen.“

Ein Fehler. Das Produkt, das ihm Karina B. gerade verkauft hat, ist in Wahrheit hoch spekulativ. Das Geld ist genauso wenig sicher wie die versprochene Rendite. Die schicke Dame hat ihren Kunden eiskalt angelogen. Am Morgen hatte ihr Chef die Devise ausgegeben, jeder Berater der Filiale müsse ein 10.000-Euro-Zertifikat verkaufen. Und Karina B. weiß: Wenn sie ihren Arbeitsplatz behalten will, muss sie die Vorgaben erfüllen. Egal wie. Die SEB wollte zu dieser Verkaufspraxis keine Stellungnahme abgeben.

So beschreibt Karina B. ihren Arbeitsalltag. Die WirtschaftsWoche hat in den vergangenen Monaten Dutzende von Filialangestellten verschiedener Banken in Deutschland interviewt – von Commerzbank und HypoVereinsbank bis zur schwedischen SEB, von der kleinen Weberbank in Berlin bis zur Deutschen Bank und den großen Sparkassen. Karina B. ist eine von ihnen, die in langen Gesprächen ausgepackt haben: über die Angst vor Kollegen und Vorgesetzten und darüber wie sie Kunden Produkte aufschwatzen, die diese gar nicht brauchen. Der WirtschaftsWoche liegen interne Mails und Papiere vor, die belegen, dass in der vermeintlich seriösen Branche nicht selten Zustände herrschen wie in einer Drückerkolonne.

Der Fall des Derivatehändlers Jérôme Kerviel, dessen betrügerische Spekulationen seine Bank, die französische Société Générale, 4,9 Milliarden Euro kosteten, sorgte in den vergangenen Tagen weltweit für Schlagzeilen. Ein solch gigantisches Betrugsvolumen ist ein Ausnahmefall. Allerdings, das belegen Recherchen der WirtschaftsWoche, gehören Tricksereien zum Alltag des Bankgeschäfts. Sicher: Nicht jeder Bankmitarbeiter bedient sich unlauterer Methoden, um die von ihm geforderten Ziele zu erreichen. Doch die wachsende Vertriebsnot in den Filialen treibt viele Mitarbeiter gerade dazu an. Zum Schaden der Banken – vor allem aber der Kunden.

Es ist ein ausgeklügeltes System individueller Vertriebsziele – unterfüttert mit Drohungen und Demütigungen –, das den Traumjob Banker für viele Privatkundenberater zum Albtraum macht. Und für die Kunden den Besuch einer Filiale zum unkalkulierbaren Risiko. Denn aus dem Berater von früher ist ein Verkäufer geworden, der oft leichtes Spiel hat: „Wenn sich jemand ein Auto kauft, vergleicht er vorher die Preise, wenn jemand ein Bankprodukt kauft, tut er das nicht“, sagt ein Berater der Berliner Weberbank. „Deshalb funktioniert der Vertriebsdruck der Banken so gut“, sagt Friedrich Schade, der 15 Jahre lang angestellter Banker bei verschiedenen Instituten war und heute für einen Finanzdienstleister arbeitet. „Die Menschen vertrauen den Bankern oft blind.“ Sie verzichten darauf, sich Verträge durchzulesen, Renditen zu vergleichen oder sich bei verschiedenen Banken beraten zu lassen.

Die individuellen Vertriebsziele unterscheiden sich von Bank zu Bank: Einige Institute fordern von ihren Mitarbeitern, ein bestimmtes Ertragsziel zu erfüllen, andere schreiben den einzelnen Beratern genau vor, wie viele Lebensversicherungen, Kredite oder Fonds sie pro Woche verkaufen müssen und für wie viele Neukunden sie zu sorgen haben. Und diese Vorgaben haben sie zu erfüllen. Irgendwie. Sie stehen unter ständiger Beobachtung ihrer Vorgesetzten, müssen sich rechtfertigen, wenn ein Kunde die Filiale verlässt, ohne einen Vertrag abzuschließen. In den Aufenthaltsräumen einiger Filialen hängen Mitarbeiter-Rankings aus, die schlechte Verkäufer bloßstellen. Oft wird auch mit Kündigung gedroht.

„Wenn es darauf ankommt, verkaufen wir einem Eskimo einen Kühlschrank“, sagt Claudia S.*, langjährige Mitarbeiterin der Dresdner Bank. „Signalisiert der Vorgesetzte, dass er Sie schon irgendwie aus dem Job kriegt, falls Sie die Ziele nicht erreichen“, sagt ein Betriebsrat einer Frankfurter Großbank, „dann kommt es eben so weit.“ Die Dresdner Bank möchte die Äußerung ihrer Mitarbeiterin nicht kommentieren.

Karina B. und viele ihrer Kollegen bei anderen Banken empfehlen den Kunden, neue gegen alte Aktien zu tauschen, auch wenn es gar nichts bringt; sie drehen den Kunden Zertifikate an, selbst wenn Fest- oder Termingelder sinnvoller wären; sie drängen zum Abschluss überflüssiger Versicherungen. Und all das nur, weil sie die Produkte aktuell noch verkaufen müssen oder der Bank hohe Provisionen winken.

„Die Zahl von Falschberatungen hat in den vergangenen Jahren zugenommen“, sagt Eva Raabe, Bankenexpertin bei der Verbraucherzentrale Hessen. Viele Banker, mit denen sie spricht, würden ganz offen sagen: „Wir müssen doch unsere Ziele erreichen.“ Genau darin liegt für Kritiker das Problem: „Die Mitarbeiter würden anfangen, den Kunden Produkte anzudrehen, die sie nicht brauchen“, sagt ein Sprecher der ING Diba, die auf individuelle Vertriebsziele verzichtet. „Eine solche Kultur wollen wir nicht bei uns.“ Das Institut ist so immerhin Direktbank-Marktführer in Deutschland geworden.

Auch bei der GLS Bank in Bochum, die sich auf ethisch-ökologische Investitionen spezialisiert hat, gibt es die umstrittenen Vorgaben nicht. „Die individuellen Ziele können Mitarbeiter so unter Druck setzen, dass der Kunde die für ihn falschen Produkte angedreht bekommt“, sagt GLS-Chef Thomas Jorberg. „Mit vorgegebenen aggressiven Vertriebsmethoden schafft ein Vertriebsverantwortlicher die Voraussetzung für unzufriedene Kunden und Schäden durch Falschberatung.“

(Quelle und ausführlich weiter: -> http://www.wiwo.de/unternehmer-maerkte/bankberater-packen-aus-ich-habe-sie-betrogen-264071/)
 
"USA stecken längst in der Rezession"

Boerse.ard.de (11.01.08) - Die USA "tricksen" sich ihre Konjunkturdaten schön, warnt Vermögensverwalter Jens Ehrhardt im Gespräch mit boerse.ARD.de. "In Wirklichkeit ist die größte Volkswirtschaft schon seit Monaten in der Rezession!"

boerse.ARD.de: Herr Dr. Ehrhardt, alle Welt redet von der Angst vor einer möglichen US-Konjunkturdelle. Sie glauben dagegen, die USA steckten bereits tief in der Rezession. Wie kommen Sie denn darauf?

Ehrhardt: Im Endeffekt stimmen die Zahlen einfach nicht: Die USA sind Weltmeister darin, die Inflationsrate klein zu rechnen und den Wert ihres Warenkorbes lächerlich niedrig zu halten. Die Qualitätsverbesserungen bei Produkten wie Computer werden stets viel höher angesetzt als der Preisanstieg, nach dem Motto: Die neuen Computer können ja auch viel mehr als die alten. Da wird ganz wüst herumgerechnet, das geht bis hin zu Schulheften, die angeblich eine höhere Qualität aufweisen als noch die alten und daher niedrigere Preise rechtfertigen. Das reale Wirtschaftswachstum ergibt sich durch Abzug der Inflationsrate vom nominalen Wirtschaftswachstum. Rechnet man aber die Trickserei der Amerikaner bei der Inflationsrate heraus, so ist in Wirklichkeit das reale Wirtschaftswachstum viel niedriger als angegeben. Spätestens seit Anfang des vierten Quartals befinden sich die USA in einer Rezession.

boerse.ARD.de: Laut den zugegebenermaßen verheerend schlechten US-Arbeitsmarktdaten von vergangener Woche wurden aber immerhin noch 18.000 neue Stellen geschaffen ...

Ehrhardt: Aber selbst diese Zahl ist völlig irreführend: Es handelt sich ja nicht wie beim Ifo-Index um solide Umfragewerte, sondern um oberflächliche Schätzungen. Da wird einfach angenommen, dass wenn es ein Mehr an Bevölkerungswachstum gibt, auch die Zahl der neuen Stellen steigt. Da gab es im Jahr 2007 "Korrekturen" um bis zu 300.000 Stellen nach oben pro Monat allein aufgrund der Veränderungen in der Geburten- und Sterbetabelle. Auch hier sind die Zahlen also in Wirklichkeit weitaus schlechter als man beim Blick auf die offiziellen Statistiken glauben sollte.

boerse.ARD.de: Wie lange wird diese Schwächephase der US-Wirtschaft noch andauern?

Ehrhardt: Das hängt stark davon ab, ob sich die US-Haushalte von den niedrigen Zinsen tatsächlich zu mehr Konsum verleiten lassen. Auch in der Vergangenheit war das Wirtschaftswachstum ja nicht von einer gesunden Investitionskultur getragen, sondern allein vom Konsum. Motor der US-Konjunktur waren eine Vermögenspreisinflation bei Häusern und Schuldentreiberei. Das wird aber in Zukunft so nicht mehr funktionieren. Die Konsumstimulierung über niedrige Zinsen, niedrige Steuern und Beleihung der Häuser im großen Stil hat ausgedient. Denn die Leute sind mittlerweile so stark verschuldet, dass die Banken hier Grenzen ziehen. Die Kreditgewährung wird schwer zurückgehen. Zuletzt ging die Hauptkreditgewährung aufs eigene Haus. Das ist aber jetzt nicht mehr möglich, weil die Häuserpreise nicht mehr steigen, sondern sogar fallen. Übrigens das erste Mal seit 30 Jahren. Da kann Ben Bernanke, der diese ganze Subprime-Geschichte total verschlafen hat, die Zinsen jetzt noch so sehr senken, die Konjunktur wird allein dadurch nicht in Gang kommen.

boerse.ARD.de: Aber bremst das nicht auch die anderen Nationen aus, wenn die größte Volkswirtschaft der Welt schwächelt?

Ehrhardt: Die große Frage ist dabei, wen könnte es treffen. Ich war gerade erst in Asien: Hongkong, China, Thailand, Malaysia – das sind Länder, in denen es eigentlich immer noch ganz gut brummt. Zumal deren Währungen häufig eng an den US-Dollar gekoppelt sind, das heißt diese Länder bekommen jetzt ebenfalls extrem niedrige Zinsen wie die USA verpasst. Das sollte nochmals Öl in das flackernde Konjunkturfeuer dort gießen. Meiner Meinung nach unterschätzten die Pessimisten Asien stark, wenn sie behaupten, Asien könne den Riesenbrocken USA nicht auffangen. Doch in asiatischen Ländern gibt es Wachstumsraten von 15 Prozent beim Konsum, die könnten einen leichten Rückgang beim US-Konsum sehr wohl ausgleichen.

boerse.ARD.de: Trauen Sie nicht nur der Realwirtschaft, sondern auch den Börsen in den asiatischen Schwellenländern oder in Europa tatsächlich eine längerfristige Abkopplung von der Wall Street zu?

Ehrhardt: In einer ganzen Reihe von asiatischen Ländern könnte sich die konjunkturelle Abkopplung auch in einer positiven Abkopplung der Aktienmärkte widerspiegeln. Ich empfehle deshalb Anlegern, ihre Aktienstrategie in Richtung Asien auszudifferenzieren. In Europa werden wir uns dagegen nicht ganz abkoppeln können. Drei Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts gehen in die USA. Doch selbst wenn sich das halbieren sollte, hätten wir natürlich nicht gleich die absolute Ultrarezession hierzulande. Allerdings dürfte es auch für Europa gerade mit Blick auf die osteuropäischen Länder, die in eine Schuldenklemme geraten könnten, eher ein holpriges Aktienjahr werden.
Ich würde eher zu Aktien in Hongkong, Singapur oder Malaysia raten als zu hochbewerteten China-Aktien. Allerdings würde ich mir immer noch lieber eine hochbewertete China-Aktie als eine überbewertete US-Aktie ins Depot legen. Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse amerikanischer Unternehmen sind auf historisch hohem Niveau, doch das ist vor allem auf die sinkenden Gewinne zurückzuführen. Ich sehe für 2008 aber auch nicht den großen Zusammenbruch des US-Aktienmarkts, weil die Leute noch nicht überinvestiert sind. Trotzdem bringt ein Investment in US-Aktien, selbst wenn es leicht steigen sollte, für einen in Euro denkenden Anleger gar nichts. Zumal ich denjenigen Analysten nicht folgen kann, die eine Wiedererstarkung des Dollars prognostizieren. Ich sehe den Dollar in diesem Jahr eher bei minus fünf Prozent als bei plus zehn Prozent.

boerse.ARD.de: Welche Branchen, Länder und längerfristigen Trends würden Sie darüber hinaus Anlegern ans Herz legen?

Ehrhardt: Gold ist sicherlich noch eine gute Idee: Ich rate weiterhin zu einem großzügigen Investment in Gold. Denn wenn die Zinsen so niedrig sind wie jetzt, und die Inflation ist höher, dann haben wir einen negativen Realzins. Und dann geht Gold fast immer durch die Decke. Außerdem geht auf lange Frist die Goldproduktion zurück, während die Chinesen jedes Jahr bis zu 30 Prozent mehr Gold kaufen. Gold kann noch weit über die 1000-Dollar-Grenze gehen. Bislang verfügen aber die meisten institutionellen Anleger und vor allem die vielen Privatinvestoren über keinen nennenswerten Depotanteil in Gold.
Auch agrarpreisabhängige Investments sind für mich ein langfristiger Trend: Zumal die Agrarpreise zuletzt allein wegen der starken Nachfrage so hoch waren. Werden die Ernten aber erst einmal richtig schlecht, zum Beispiel wegen der Klimaveränderung, dann sollten die ganze Agrarpreisgeschichte so richtig anspringen. Hier würde es sich unter Umständen auch empfehlen, kurzfristige Kursrücksetzer abzuwarten. Allerdings ist der Agrarzyklus gerade erst angesprungen, da sollte es langfristig noch weit nach oben gehen.

Das Interview führte Angela Göpfert.

(Quelle: http://boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_270998)
 
FINANZ-CRASH
Milliardär Buffett hält Bankenkrise für "gerecht"

Weltweit haben die Banken mit dubiosen Finanzprodukten spekuliert, jetzt müssen sie Milliarden abschreiben. Selber schuld, sagt US-Großinvestor Warren Buffett. Er erkennt in der aktuellen Krise so etwas wie "poetische Gerechtigkeit".

Toronto - Er spricht Millionen aus der Seele: Warren Buffett, Milliardär und Chef der Investmentgruppe Berkshire Hathaway. In der aktuellen Bankenkrise, sagt er, sehe er eine gewisse Ironie. "Da gibt es so etwas wie poetische Gerechtigkeit, die darin besteht, dass die Leute, die diese giftige Limonade gebraut haben, am Ende selbst sehr viel davon getrunken haben."

Damit attackiert Buffett die Geldhäuser in aller Offenheit. Natürlich war schon früher Kritik am Geschäftsgebaren der Banken laut geworden, weil sie auf dem US-Hypothekenmarkt viel zu hohe Risiken eingegangen waren. Doch nun äußert sich einer, der über jeden Verdacht erhaben ist, ein linker Sozialromantiker zu sein: Wenn jemand etwas von Wirtschaft versteht, dann Buffett.

Sorgen über eine Kreditkrise wies der Star-Investor übrigens zurück. Es sei genug Geld verfügbar, und durch die jüngsten Zinssenkungen sei es sogar billig. "Die Risiken sind neu bewertet worden und es steht nicht mehr das zur Verfügung, was ich 'dummes Geld' nennen könnte, von dem es vor einem Jahr jede Menge gab."

Allerdings, sagt Buffett, könne der Dollar weiter fallen, wenn die USA nicht ihr Handelsdefizit eindämmten.
wal/Reuters
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,533758,00.html
 
http://www.ftd.de/unternehmen/finanzdienstleister/293861.html?bid=13013&p=1


:kichern:
 
Prognosen
Zu hohe Gewinnprognosen für den Dax bergen weitere Kursrisiken

Die Nachrichten über den Zustand und die Aussichten der deutschen Konjunktur haben sich zuletzt verschlechtert. Das spiegelt sich auch in den Kursen am deutschen Aktienmarkt wider. Auch verursacht durch die negativen Auswirkungen der Hypothekenkrise sind die Indizes in Abwärtstrends eingemündet.

Viele Marktteilnehmer hoffen zwar auf die mittelfristige heilende Wirkung der durch die amerikanische Notenbank vorgenommenen massiven Zinssenkungen. Bis jetzt lassen die positiven Kursimpulse daraus aber noch auf sich warten. Und es gibt Skeptiker, die befürchten, dass sich diese Impulse auch so bald nicht einstellen werden.

Zu diesen Skeptikern zählt Heino Ruland von der Wolfgang Steubing AG. Basierend auf seinen Gewinnschätzungen veranschlagt er den fairen Wert für den Dax auf nur 6.000 Punkte. Zur Erinnerung: Trotz der jüngsten Kursverluste notiert der Dax mit aktuell 6.670 Punkten noch immer deutlich über diesem Niveau.

Konsens-Schätzungen dürften sinken

Aufgebaut hat Ruland seine Argumentationskette auf der Annahme, dass sich die derzeit noch verwendeten Gewinnschätzungen als deutlich zu optimistisch erweisen werden. Nach seiner Lesart wird eine Mixtur aus steigenden Löhnen und sinkendem Wirtschaftswachstum zu höheren Arbeitskosten und damit niedrigeren Gewinnmargen führen. Und das wird letztlich unter dem Strich nicht ohne Auswirkungen auf die Unternehmensergebnisse bleiben.

Wie Umfragedaten vom Finanzdaten-Lieferanten FactSet Research Systems zeigten, rechneten die Analysten derzeit im Konsens aber noch mit einem Gewinn umgerechnet auf den Dax von 616 Euro. Würde diese Prognose stimmen, wäre das verglichen mit 2007 ein Plus von zwölf Prozent. Doch Ruland glaubt nicht an diese Vorhersage. Durch die Kreditkrise sieht er die Gewinne des Bankensektors um rund 30 Prozent fallen und auch die Ergebnisse der Industrieunternehmen werden nach seiner Einschätzung um 15 Prozent sinken.

Unter dem Strich sagt er für den Dax einen Gewinn von 451 Euro oder einen Rückgang von 18 Prozent voraus. Behält Ruland nur annähernd Recht, müssten die meisten anderen Analysten in den kommenden Wochen ihre Gewinnschätzungen drastisch nach unten schrauben. Für die Aktienkurse stünden dann weitere Belastungsproben an.

Fairer Wert des Dax nur bei 6.000 Punkten?

Beim Versuch, aus seinen Gewinnschätzungen den fairen Wert für den Dax abzuleiten, greift Ruland als Basis auf die durchschnittliche Aktienrisikoprämie von 5,14 Prozent seit 2003 zurück sowie die sich in diesem Zeitraum ergebenden durchschnittliche Realrendite von 2,46 Prozent. Unter diesen Annahmen wäre der Dax mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 13,2 fair bezahlt, was gleichbedeutend mit einem Indexstand von 5.934,20 Punkten wäre.

Berücksichtigt man dann noch, dass es sich bei den Vorjahresgewinnen um Spitzengewinne in diesem Konjunkturzyklus handelte, müsste man zur Ermittlung des fairen Wertes sogar einen Bewertungsabschlag von zehn Prozent einbeziehen. Das Abwärtspotential für den Dax würde dann sogar bis auf 5.340 Punkte reichen. Vor diesem Hintergrund bleibt Ruland bei der im Dezember ausgesprochenen Empfehlung, Depots abzusichern und in defensive Sektoren wie Telekom, Gesundheit und Versorger zu investieren.

Die in dem Beitrag geäußerte Einschätzung gibt die Meinung des Autors und nicht der FAZ-Redaktion wider.
Text: @JüB
http://www.faz.net/s/RubF3F7C1F630AE4F8D8326AC2A80BDBBDE/Doc~E1B8D17FCF7E2413EAF2639A43CB5548E~ATpl~Ecommon~Scontent.html
 
Warren Buffet
Das Orakel von Omaha

Was die Investoren-Legende Warren Buffett kauft, weiß man im allgemeinen allenfalls teilweise. Doch seine Philosophie lässt sich auch ohne ihn anwenden.

Standard & Poor''s untersucht regelmäßig Aktien unter den Buffett-Kriterien: Eigenkapitalrendite, Nettomargen, die Differenz zwischen Cashflow und Investititonsausgaben und der thesaurierte Gewinn. Zudem musste die Marktkapitalisierung mindestens 500 Millionen Dollar betragen.

Das seit 12 Jahren laufende Buffett-Portfolio brachte seitdem eine jährliche Rendite von 14,9 Prozent. Die 25 schwersten „Buffett-Werte” werden hier vorgestellt.

http://www.faz.net/s/RubF3F7C1F630AE4F8D8326AC2A80BDBBDE/Doc~E0CEE9078271D43BD8EEBA73777BCF4C7~ATpl~Ecommon~SMed.html
 
Ölkonzerne stoßen an Grenzen des Wachstums

Noch jubeln die Erdölmultis über Rekordgewinne - ihre Zukunft sieht indes weniger rosig aus. Konkurrenz aus den Schwellenländern macht ihnen das Leben an den Fördertürmen schwer, wie Matthias Breitinger berichtet.

Ob Exxon Mobil und Chevron in den USA oder Royal Dutch Shell in Europa: Die großen Ölkonzerne haben im vergangenen Jahr vom hohen Preis für ihren Rohstoff profitiert und kräftige Gewinnzuwächse verbucht. Schwerer wiegt da der gegenläufige Trend beim Wettbewerber BP – allerdings hatte der britische Konzern mit imageschädigenden Pannen und hausgemachten Problemen zu kämpfen und fuhr im vierten Quartal einen deutlichen Gewinnrückgang ein.

Umso rosiger ging es da der Konkurrenz: Exxon Mobil, der größte börsennotierte Ölkonzern der Welt, verbuchte im Schlussquartal 2007 den bislang höchsten Unternehmensgewinn der US-Geschichte. Der Überschuss stieg zum Vorjahr um 14 Prozent auf 11,7 Milliarden Dollar. Der Umsatz erhöhte sich um knapp 30 Prozent auf 116,6 Milliarden Dollar.

Auch Chevron verdiente gut: Der Überschuss stieg in den letzten drei Monaten des Jahres 2007 um 29 Prozent auf 4,9 Milliarden Dollar. Der Umsatz kletterte um 29 Prozent auf 61,4 Milliarden Dollar. Royal Dutch Shell hatte am Donnerstag für das vierte Quartal einen Gewinnsprung um 60 Prozent auf 8,47 Milliarden Dollar gemeldet. Der Umsatz legte von 75,5 auf 106,7 Milliarden Dollar zu.

Produktion rückläufig

Ausschlaggebend für die enormen Gewinnsteigerungen war in erster Linie der kräftige Anstieg des Rohölpreises: Die Marktpreise lagen im vergangenen Jahr insgesamt mehr als 50 Prozent über denen des Vorjahres. Die Produktion aller vier Topkonzerne ist im vergangenen Jahr indes um insgesamt drei Prozent gesunken. Enorme Gewinnzuwächse also bei tendenziell geringerem Ausstoß – das geht, «solange es den Unternehmen gelingt, ihre Kosten unter Kontrolle zu halten», wie Ölmarkt-Analyst Josef Auer von der Deutschen Bank der Netzeitung sagte.

Die Ölpreise waren Ende vergangenen Jahres auf Rekordhöhen gestiegen. Am 3. Januar hatte der Preis für ein Barrel (159 Liter) US-Rohöl mit 100,09 Dollar ein Allzeithoch erreicht. Inzwischen haben die Kurse aber deutlich nachgelassen: Am Mittwoch lag der US-Ölpreis bei 88,53 Dollar je Barrel. Der Marktpreis sei in den vergangenen Monaten deutlich stärker gestiegen als die Produktionskosten, sagte Auer.

Zugang zu neuen Quellen schwieriger
Allerdings wird die Ölförderung zunehmend teurer. Bei Exxon stiegen die Kosten im vierten Quartal zum Vorjahr um 30 Prozent auf 96,92 Milliarden Dollar, doch auch die anderen Ölmultis spüren den steigenden Kostendruck – dem etwa BP mit einem Stellenabbau begegnet. Experten verweisen darauf, dass die Konzerne zunehmend auf Schwierigkeiten stoßen, ihre Produktion auszuweiten und neue Ölquellen aufzutun.

Dies liegt unter anderem daran, dass die Öl- und Gasreserven in den traditionellen Förderländern nachlassen, während der Zugang zu neuen Quellen schwieriger wird. «Die Kapazitäten für die Förderung unter dem Meer sind extrem niedrig, hier fehlt es schlicht an Tankern», erläutert Auer. «Zudem braucht die Offshore-Exploration bis zur eigentlichen Förderung einige Jahre, und darin haben die Konzerne in den vergangenen Jahren zu wenig investiert, weil vor zehn Jahren der Ölpreis noch bei zehn Dollar lag und sich die Offshore-Förderung kaum rechnete.» Jetzt räche sich, dass man in den vergangenen Jahren wegen des niedrigen Ölpreises zu wenig unternommen hat.

Doch auch an Land ist die Erschließung von Vorkommen für die Konzerne schwieriger geworden – etwa in nationalistisch denkenden Ländern wie Venezuela oder Russland, die sich die Gewinne aus ihrem Ölreichtum selber sichern wollen. «Die Claims sind vielfach abgesteckt», sagt Deutsche-Bank-Experte Auer. Dort würden häufig westliche Konzerne herausgedrängt, zugunsten nationaler Unternehmen.

Zudem hätten Schwellenländer wie Indien und China erkannt, wie entscheidend die sichere Energieversorgung für ihr Wirtschaftswachstum ist, fügte Auer hinzu. «Damit sind sie auch bereit, relativ hohe Prämien zu zahlen, um sich unabhängiger von externen Konzernen zu machen.» Auers Beispiel: Im Golf von Guinea vor der Küste Kameruns und Nigerias werden große Ölfelder vermutet, und viele Explorationsrechte sind bereits versteigert. «Dort sind bereits unter anderem chinesische, brasilianische und arabische Unternehmen vor Ort. Es wird also für die großen Ölkonzerne aufgrund der wachsenden Konkurrenz teurer, an freie Claims heranzukommen.»

Enorme Aktienrückkäufe
Entsprechend kritisch wurde von Marktbeobachtern aufgenommen, dass Shell die wichtige Angabe über seine Ölreserven erst im März geben will, im Gegensatz zu früheren Jahren. Pessimistische Analysten deuteten die Verschiebung als Hinweis darauf, dass die Ölkonzerne womöglich nicht genügend neue Lagerstätten erreichen. Die Ölförderkosten werden ohnehin tendenziell steigen, da neue Vorkommen häufig in tieferen Erdschichten gefunden werden und damit schwieriger anzuzapfen sind. Doch auch die Nutzung so genannten unkonventionellen Erdöls, etwa aus Ölsand, ist technisch aufwändig und damit teuer.

Auffällig finden Beobachter vor diesem Hintergrund, wie viel Geld die Konzerne gerade eben nicht in die Erschließung neuer Vorkommen stecken, sondern in Aktienrückkauf-Programme. Shell gab dafür im vergangenen Jahr mehr als vier Milliarden Dollar aus. Exxon kaufte eigene Aktien im Volumen von 28 Milliarden Dollar zurück. «Das ist sicherlich ein Beleg dafür, dass sie offensichtlich keine lukrativeren Alternativen gesehen haben, etwa die Investition in ein günstiges Fördergebiet», meint Auer. «Also haben sich die Unternehmen dafür entschieden, Liquidität lieber im eigenen Unternehmen zu parken.»

Die Unternehmen hielten sich selbst offenbar für unterbewertet. Ein Aktienrückkauf treibt üblicherweise den Kurs nach oben – «das kommt den Anlegern entgegen und macht das Unternehmen zugleich weniger anfällig für feindliche Übernahmen», so Auer. Kritischer sieht Expertin Amy Myers Jaffe von der Rice University in Houston (Texas) die immensen Aktienrückkäufe: Diese sähen aus wie eine «teilweise Geschäftsauflösung», kommentiert sie im «Wall Street Journal». Die westlichen Ölmultis akzeptierten jetzt, dass sie in der Energiewelt der Zukunft eine kleinere Rolle spielten.
http://www.netzeitung.de/wirtschaft/unternehmen/896959.html
 
Die EZB öffnet die Tür zu Zinssenkungen
Von Benedikt Fehr

Schon seit Wochen wird an den Finanzmärkten spekuliert, dass die Europäische Zentralbank (EZB) der amerikanischen Notenbank folgen und ihren Leitzins senken wird. Tatsächlich hat Jean-Claude Trichet nun die Tür zu einer Zinssenkung einen Spalt weit geöffnet.

Nach seinen Worten gab es im EZB-Rat, anders als im Januar, keine Stimmen für eine Leitzinsanhebung mehr. Zudem deutete Trichet an, dass die Wachstumsprognose, die er im März vorstellen wird, schlechter ausfallen dürfte als die von Dezember.

Risiko einer Lohn-Preis-Spirale

Darauf setzen die Spekulanten: Schwächeres Wachstum, so das Kalkül, dämpft den Preisauftrieb - und schafft damit Spielraum für niedrigere Zinsen. Der EZB-Rat muss freilich sorgfältig abwägen, ob diese Argumentation nicht zu kurz greift: Die zuletzt hohen Inflationsraten haben das Vertrauen der Bürger in die Fähigkeit der Notenbank, Preisstabilität zu gewährleisten, angeknackst.

Damit ist das Risiko gestiegen, dass es zu inflationären Preis-Lohn-Spiralen kommt. Ansätze gibt es in der laufenden Tarifrunde schon. Die EZB sollte deshalb in den nächsten Monaten auf Kurs bleiben und eine eher straffe Geldpolitik verfolgen - bis das Vertrauen wiederhergestellt ist.

Trichet betont neue Risiken

Am Donnerstag hatte die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins am Donnerstag unverändert bei 4 Prozent belassen. Nach der Sitzung des EZB-Rats betonte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet aber, dass sich die Risiken für eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums im Euro-Raum erhöht hätten.

An den Finanzmärkten wurde dies als ein erster Schritt in Richtung auf Zinssenkungen in den kommenden Monaten gewertet, wohl aber kaum schon im März, es sei denn, dass sich die Konjunktur bis dahin klar abkühlen sollte. Die Bank von England hat ihren Basiszins schon am Donnerstag von 5,5 auf 5,25 Prozent gesenkt und dies mit der Finanzmarktkrise und der abflauenden Konjunktur begründet.

Märkte spekulieren auf Zinssenkung

In deutlichen Worten sprach sich Trichet gegen die Auflage von staatlichen Konjunkturprogrammen im Euro-Raum aus. Die Erfahrung lehre, dass eine „aktive“ Fiskalpolitik in Europa nicht die erhofften Ziele erreiche, jedoch die Staatsverschuldung dauerhaft nach oben treibe, sagte der EZB-Präsident. Er forderte alle EU-Länder auf, ihre Budgets zu konsolidieren. Es gebe ein Risiko, dass einige Länder dies nicht täten; dies drohe die Glaubwürdigkeit des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu untergraben.

An den europäischen Aktienmärkten hat die - freilich noch vage - Aussicht auf eine Senkung des Euro-Leitzinses stimuliert. Jedenfalls haben die Kurse auf Trichets Aussagen hin einen Teil der Tagesverluste wieder wettgemacht. Am Devisenmarkt gab der Euro gegenüber dem Dollar weiter nach.

Trichet vermeidet Festlegung

An den Finanzmärkten wird schon seit längerem spekuliert, dass die EZB wegen der Abschwächung des Wirtschaftswachstums dem Vorbild der amerikanischen Notenbank folgen und ihren Leitzins senken dürfte.

Trichet vermied es in der Pressekonferenz freilich, sich auf die künftige Zinspolitik festlegen zu lassen. Wie schon im Januar wies Trichet wieder darauf hin, dass es beträchtliche Risiken für die Preisstabilität gebe. Er mahnte die Tarifpartner und andere „Preissetzer“, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und keine Preis-Lohn-Spirale anzustoßen.

Bank von England fürchtet Wirtschaftsabschwung

Nach Aussagen der Bank of England ist zwar damit zu rechnen, dass die Inflation von derzeit 2,1 Prozent wegen der steigenden Nahrungsmittel- und Energiepreise in den kommenden Monaten möglicherweise kräftig steigen werde. Aber die Notenbank müsse diese Inflationsgefahren gegen die Abschwächung der Konjunktur und den daraus resultierenden Druck auf die Inflation abwägen, hieß es in ihrer Mitteilung. Im Gegensatz zur EZB hatten die Bank von England und ihr Gouverneur Mervyn King bis Mitte vergangenen Jahres mit mehreren Zinserhöhungen einer Überhitzung des britischen Immobilienmarktes entgegengesteuert. Sie hat daher jetzt ein größeres Zinssenkungspotential als die EZB.
http://www.faz.net/s/Rub09A305833E12405A808EF01024D15375/Doc~E43CB3155CF2A42CE8287ADC4D75E815B~ATpl~Ecommon~Sspezial.html
 
Hallo,

hier einmal die CMBX Indices die von Markit .

Der Index sag aus wieviel Basispunkte bei einer gewerblichen Finanzierung von Immos zur Benchmark(z.b. Fed Fundrates) draufgepackt werden müssen.

Hieraus sind meiner Meinung nach mehrere Dinge ableitbar:

1. Die massiven Zinsschritte der Fed werden im Gewerbeimmobereich nicht weitergegeben.Zinsen um 225 bp runter. Renditeaufschläge rauf

Wenn ich also im Oktober 2007 eine 3 AAA Finanzierung im Gewerbeimmobereich bekommen wollte, dann habe ich ungefähr FedFunds + 40 BP bezahlt.

Also 4,75 + 40 = 5,15 %

Heute zahle ich : Fed Funds 3 % und Renditeaufschlag von 225 bp

3 % + 2,25 = 5,25 % !!!!!


2. Der Markt rechnet mit einem Zusammenbruch des Gewerbeimmobreichs


UND was mir auffällt ist:

das jedesmal wenn es eine scharfen Anstieg CMBX gab, es kurze Zeit später zu einem stärkeren Kursrückgang an den Aktienmärkten kam... Die Daten reichen zwar nicht aus um das auch empirisch zu belegen, aber bisschen auffällige ist das schon






AAA


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AA

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A
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BBB

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Fall Zumwinkel wird zum Fall Deutschland
von Matthias Ruch (Bochum)
Klaus Zumwinkel ist laut Staatsanwaltschaft Bochum nur einer von mehreren Hundert Verdächtigen. Ermittler sprechen von einem "Steuerskandal von historischem Ausmaß". Unter den Dax-Vorständen ist der ehemalige Postchef aber ein einsamer Sünder.

Die Schwerpunktabteilung zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität bei der Staatsanwaltschaft Bochum bestätigte am Freitag Ermittlungen gegen zahlreiche weitere Beschuldigte, denen sie Steuerhinterziehung vorwirft. Post-Chef Klaus Zumwinkel, der mittlerweile zurückgetreten ist, ist laut Staatsanwaltschaft nur einer von mehreren Hundert Verdächtigen, die Geld über Stiftungen in Liechtenstein angelegt und die Erträge nicht versteuert haben sollen. Dem Fiskus soll allein durch die Liechtensteiner Modelle ein Schaden von mehreren Milliarden Euro entstanden sein.

Meldungen, wonach die Staatsanwaltschaft ihre Durchsuchung im Kölner Privathaus von Zumwinkel absichtlich medienwirksam inszeniert habe, um bei anderen Steuersündern eine Welle von Selbstanzeigen auszulösen, wiesen die Ermittler am Freitag zurück. "Wir würden eine solche Welle nicht bekämpfen, sondern begrüßen", sagte der Bochumer Staatsanwalt Eduard Güroff der FTD. "Wir glauben aber nicht daran, dass sie kommt." In den vergangenen Jahren hätten nur wenige Täter von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Selbstanzeige zu erstatten und damit straflos auszugehen. "Das waren nicht einmal fünf Prozent der Betroffenen", schätzte Güroff.

Dass die Bochumer Staatsanwälte die Ermittlungen führen, geht nach FTD-Informationen darauf zurück, dass viele der Verdächtigen aus dem Ruhrgebiet stammen. Um die zahlreichen Fälle bearbeiten zu können, kommen nun aber auch Staatsanwälte aus Düsseldorf und Köln hinzu. Nach FTD-Informationen haben die Ermittler bereits am Donnerstag mehr als zehn Hausdurchsuchungen durchgeführt, unter anderem auch in Bochum.

Zur Rolle des Bundesnachrichtendienstes, der die Finanzbehörden mit Informationen versorgt haben soll, wollte sich die Staatsanwaltschaft nicht äußern. "Wir haben unsere Unterlagen von der Finanzverwaltung bekommen", sagte Güroff. "Wir werten sie jetzt aus - und werden dann unter Umständen weitere Durchsuchungen und Beschlagnahmungen durchführen."

Auch die Akten, die die Ermittler am Donnerstag im Haus und im Büro von Zumwinkel beschlagnahmt hatten, werden nun ausgewertet. "Außerdem müssen wir die Aussagen von Herrn Zumwinkel überprüfen. Danach wird es dann wohl weitere Vernehmungen geben."

Da der Post-Chef sich bereits zu den Vorwürfen geäußert hat, rechnen Experten derzeit nicht mit einer Haftstrafe. "Für die Höhe der Strafe ist in solchen Fällen entscheidend, ob der Schaden wieder gutgemacht wird", sagte der Dortmunder Strafverteidiger Ralf Neuhaus der FTD. "Bei einem Schaden von 1 Mio. Euro ist dann eine Bewährungsstrafe drin."
http://www.ftd.de/politik/:Fall%20Zumwinkel%20Fall%20Deutschland/318065.html
 
Börsenaktien sind relativ resistent gegen Turbulenzen

Nach den Kursverlusten der vergangenen Wochen setzen die Börsen zwar immer wieder zu Kurserholungen an. Allerdings sind die Folgen der Immobilien- und Kreditkrise mit einiger Wahrscheinlichkeit noch nicht endgültig „abgearbeitet“. Zudem ist noch längst nicht absehbar, wie die Konsequenzen der amerikanischen Konjunkturschwäche bei anhaltend hohen Inflationsraten in Verbindung mit hohen Energie- und Rohstoffpreisen aussehen werden.

Aus diesen Gründen dürfte es wenig überraschen, dass die Volatilität noch vergleichsweise hoch ist. Der VDax New liegt am Dienstag bei knapp 27 Prozent. Das mag zunächst gering erscheinen, nachdem er noch im Januar Spitzenwerte von bis zu 38 Prozent erreicht hatte. Auf der anderen Seite lagen die Tiefstmarken der vergangenen Jahre des „großen, allgemeinen Optimismus“ und der beinahe uni sono steigenden Kurse bei 11,65 Prozent.

Volatilitäts-defensive Werte sind reizvoll

Da die Lage aus fundamentaler Sicht noch lange nicht bereinigt ist, dürfte die Volatilität mit einiger Wahrscheinlichkeit noch längere Zeit auf gehobenem Niveau bleiben. Aus diesem Grund kann es ratsam sein, bei der Geldanlage auf Wertpapiere oder Strategien zu setzen, die nicht oder wenig davon beeinflusst werden. Dazu können beispielsweise dividendenstarke Einzelwerte aus Konjunktur insensitiven Branchen zählen, marktneutrale Hedge-Fonds oder gar jene Werte, die von der Volatilität profitieren können.

Dazu zählen mit Sicherheit die Aktien der börsennotierten Börsenunternehmen. Sie profitieren davon, dass Händler und kurzfristig orientierte Anleger die starken Kursschwankungen ausnutzen, die möglicherweise aus Zwangsverkäufen finanziell angeschlagener Marktteilnehmer oder aus Absicherungsstrategien von Fondsgesellschaften resultieren.

Nicht umsonst ist die Aktie der Deutschen Börse einer der deutschen Werte, die am besten durch die Turbulenzen der vergangenen Wochen gekommen sind. Das Papier befindet sich am Dienstag mit einem Kurs von 117,47 Euro zwar knapp 14 Prozent unter dem noch im Dezember des vergangenen Jahres erreichten Allzeithoch. Allerdings hat es bisher seinen Aufwärtstrend gehalten. Mit Kurs-Gewinnverhältnissen von 27 und knapp 21 auf Basis der Gewinnschätzungen für das laufende und das kommende Geschäftsjahr ist es zudem kein ausgeprägtes Schnäppchen.

Einzelne Börsenaktien sind sogar noch attraktiv bewertet

Bisher konnte das Unternehmen jedoch die hohen Wachstumserwartungen der Anleger regelmäßig erfüllen. Dazu dürfte es aufgrund des anhaltenden Booms im internationalen Wertpapierhandel, aufgrund der starken Marktstellung und nicht zuletzt auch aufgrund des Effizienz orientierten Managements in der Zukunft in der Lage sein. Das gilt nicht nur für die Papiere der Deutschen Börse. Sondern in den vergangenen Jahren kamen immer mehr ähnlich aufgestellte Unternehmen an die Märkte.

Trotz ähnlicher Geschäftsmodelle fiel die Kursentwicklung in den vergangenen Wochen jedoch höchst unterschiedlich aus. Während einzelne Werte wie die der OMX AB aufgrund der Übernahmebestrebungen, der Hongkong Exchange oder auch die der Deutschen Börse auf Sicht von zwölf Monaten deutliche Kursgewinne verbuchen konnten, mussten andere Kursverluste hinnehmen.

Die unterschiedliche Entwicklung lässt sich einerseits ableiten aus den unterschiedlichen Marktstellungen, den damit verbundenen Wachstumsmöglichkeiten und nicht zuletzt auch der Bewertung und eventuellen Übernahmephantasien. Grundsätzlich zeichnen sich die Unternehmen durch relativ hohe Wachstumsraten und teilweise ambitionierte Bewertungen aus. Allerdings gibt es gegenwärtig einzelne Ausnahmen. Dazu zählen beispielsweise die Börsen in Oslo und die TSX Group in Toronto, die zudem noch Dividendenrenditen von fünf beziehungsweise 3,35 Prozent bieten.

Mit der Isin DE000DB1EXC1 brachte die Deutsche Bank Mitte des vergangenen Jahres sogar ein so genanntes Börsen-Takeover Basket Zertifikat auf den Markt. Bezahlt gemacht hat es sich jedoch bisher nur für den, der sich gegen die jüngste Zwischenkonsolidierung abgesichert hatte.

Insgesamt dürften die Branchen-Marktführer in einem anhaltend volatilen Umfeld trotz der etwas ambitionierten Bewertung weiteres Kurspotential bieten, während die Börse in Oslo sogar leichten Schnäppchencharakter hat. Angesichts der anhaltend unsicheren Lage empfehlen sich bei allem Optimismus bei allen eingegangenen Positionen regelmäßig gepflegte Absicherungsstrategien.
http://www.faz.net/s/RubF3F7C1F630AE4F8D8326AC2A80BDBBDE/Doc~E50EEBE4F4D7F42CA830DD8071D1FA88D~ATpl~Ecommon~Scontent.html
 
Schroders: Drei Szenarien für 2008

In jedem Quartal diskutieren die Volkswirte von Schroders drei alternative
Szenarien und bestimmen ein Hauptszenario, das die größte Wahrscheinlichkeit
für sich hat.

Hauptszenario: Abschwung
Das weltweite Wirtschaftswachstum wird sich 2008 wahrscheinlich
verlangsamen: Hohe Energiepreise, die anhaltenden Probleme auf dem
US*Immobilienmarkt und die Kreditkrise belasten die weitere Entwicklung. Die
US*Wirtschaft erlebt einen Abschwung, kann aber eine Rezession vermeiden.
Dazu trägt auch die US*Notenbank bei, die ihre Zinsen, wie wir erwarten,
aggressiv weiter senken wird. Das sollte in der zweiten Jahreshälfte zu
einem kleinen Aufschwung führen.

Alternativszenario 1: Stagflation
Die Wechselwirkung zwischen Wachstum und Inflation kann schwächer werden und
die Möglichkeit der Zentralbanken begrenzen, die Wirtschaft mit
Zinssenkungen zu stimulieren. Wenn die Kerninfl ation steigt * trotz
wachsender Arbeitslosigkeit und schwächerer Aktivität *, würden sich die Fed
und andere Zentralbanken gezwungen sehen, die Zinsen 2008 zu erhöhen. Das
würde die Hoffnung auf Aufschwung ersticken, und das Wachstum bliebe das
ganze Jahr über schwach.

Alternativszenario 2: Kreditkrise
Die Kreditkrise der Finanzmärkte trifft die Wirtschaft möglicherweise härter
als erwartet und führt zu einer globalen Konjunkturkrise. Die Zinssenkungen
der Notenbanken gehen ins Leere, weil sie durch die strengeren
Kreditvergabe*Richtlinien der Banken wirkungslos werden. Ähnlich wie in
Japan zu Beginn der 1990er Jahre würden die Zentralbanken ihre Zinsen immer
weiter senken, was vielleicht zu einem bescheidenen Aufschwung in der
zweiten Jahreshälfte 2008 führen könnte. Das Wachstum bliebe aber
unterdurchschnittlich.

[...]
Quelle: VWD 26.02.2008 09:38:00
 
Gegen UBS in New York
HSH Nordbank klagt

Die HSH Nordbank hat am Montag beim Obersten Gericht in New York eine Schadenersatzklage gegen die schweizerische UBS AG eingereicht. Das bestätigte die Bank mit Sitz in Hamburg am Dienstag, nachdem sie eine Klage bereits am Wochenende angekündigt hatte. Hintergrund der Regressforderungen der HSH Nordbank ist der Vorwurf nicht eingehaltener Absprachen und Missmanagement bei einem Investment.

Das Finanzhaus hatte deutliche Verluste bei dem 500-Millionen-Dollar-Investment "North Street 2002-4" verbucht, das im Jahr 2002 von der UBS an die HSH Nordbank verkauft wurde. Dabei übernahm das Institut vier nachrangige Tranchen aus einem Portfolio so genannter Collateralised Debt Obligations (CDO), die mit Firmenkrediten und Hypothekendarlehen hinterlegt waren.

Nach Darstellung eines Sprechers der HSH Nordbank vom Sonntag ist dem Institut nach Market-to-market-Bewertung bisher ein Schaden von hunderten Millionen US-Dollar entstanden. Versuche, mit der UBS-Geschäftsführung wegen des Investments ins Gespräch zu kommen, seien gescheitert, hatte der Sprecher gesagt.

UBS hatte das Investment im Jahr 2002 an die Landesbank Schleswig-Holstein verkauft, die anschließend mit der Hamburgischen Landesbank zusammenging und seitdem unter dem Namen HSH Nordbank AG firmiert.

Niemand weiß, wo die Minen sind

CDOs sind Fonds, in welchen Kredite von unterschiedlicher Qualität gebündelt werden. Diese Collateralized Debt Obligations werden als Paket weiterverkauft, als eine Art von Risikoverteilung. Danach werden diese Collateralized Debt Obligations aber auch wieder zu neuen Collateralized Debt Obligations (CDO) geschnürt. So kann also eine Collateralized Debt Obligation ohne weiteres ein ganzes Paket von anderen CDOs enthalten.

Das führt am Ende dazu, dass niemand mehr weiß, was in dem ganzen Paket steckt. Das Problem mit diesen Produkten ist, dass die Banken nicht wussten und immer noch nicht wissen, welche Qualität (Verluste) von CDOs sie in den Büchern haben. Das Risiko war zwar aus den Büchern der Kreditgeber verschwunden, aber nicht aus der Welt. Und plötzlich hatten die Banken die Kredite über Beteiligungsfonds wieder in den Büchern.
http://www.n-tv.de/924745.html?260220081301
 
Ackermann sieht schwierige Zeit für Finanzmärkte voraus

Frankfurt (Reuters) - Die weltweiten Finanzmärkte werden nach Ansicht von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann noch eine ganze Zeit lang mit den Nachwehen der Kreditmarktkrise zu kämpfen haben.

"Die ersten sechs bis neun Monate dieses Jahres werden für die Finanzmärkte schwierig bleiben", sagte Ackermann am Donnerstag bei einer Veranstaltung in Frankfurt. Die vom US-Hypothekenmarkt ausgehenden Turbulenzen würden bei Banken rund um den Globus zu weiteren Abschreibungen führen. "Wir haben heute erst rund 140 Milliarden Dollar abgeschrieben. Die erwarteten Gesamtverluste für das Finanzsystem liegen aber wesentlich höher", sagte der Chef der größten deutschen Bank. Sein Institut belastete die Finanzkrise bis jetzt mit 2,3 Milliarden Euro.

Ackermann geht davon aus, dass die privaten Institute in Deutschland "alles gezeigt und richtig bewertet" hätten. Die öffentlichen Banken stellten jedoch eine starke Belastung dar für den Staatshaushalt. Landesbanken wie BayernLB, LBBW und WestLB mussten milliardenschwere Wertberichtigungen vornehmen. Bei der WestLB und der SachsenLB waren sogar Länderhilfen nötig, um die Institute zu stabilisieren.

Ackermann betonte aber auch, dass die weltweite Finanzwelt bisher auch einige besorgniserregende Entwicklungen habe verhindern können. So seien die Probleme bei den amerikanischen Anleiheversicherern offenbar weitgehend im Griff. "Die Lage bei den Monolinern scheint sich durch die jüngsten Rettungsaktionen beruhigt zu haben", sagte der Banker. Der Anleiheversicherer Ambac soll von einer Gruppe internationaler Geldhäuser - darunter auch die Dresdner Bank - eine Kapitalspritze von drei Milliarden Dollar bekommen. Der US-Konkurrent MBIA will sein Geschäft aufspalten in einen risikobehafteten und einen gesunden Teil.

Die sogenannten Monoliner versichern die als grundsolide geltenden kommunalen Anleihen in den USA. Weil sie aber auch in Hypothekenkrediten von bonitätsschwachen Schuldnern ("Subprime") engagiert sind, stehen sie derzeit stark unter Druck. Ackermann selbst hatte vor ein paar Wochen in einem TV-Interview von einem neuen "Tsunami" gesprochen, der dadurch auf die Finanzmärkte zurollen könnte.

Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die reale Wirtschaft bezeichnete Ackermann als gering. "Wir haben ein reines Banken- und Finanzmarktproblem", sagte er. Allerdings sei noch nicht absehbar, welche Folgen der starke Euro auf die Konjunktur habe. Die europäische Gemeinschaftswährung war in dieser Woche auf ein Rekordhoch von über 1,51 Dollar gestiegen. "Die Wirtschaft ist offensichtlich aber so stark, dass diese externen Schocks noch gut aufgefangen werden können", sagte Ackermann.
http://de.reuters.com/article/topNews/idDENEI85073820080228
 
Steinbrück erteilt Konjunkturprogramm erneut Absage

Frankfurt/Berlin (dpa) - Bundesfinanzminister Peer Steinbrück
(SPD) hat trotz anhaltender Finanzmarktturbulenzen und reduzierter
Wachstumsprognosen Forderungen nach einem Konjunkturprogramm erneut
eine Absage erteilt. Es gebe keinen Grund, den bisher erfolgreichen
wirtschafts- und finanzpolitischen Kurs zu verlassen, sagte
Steinbrück am Donnerstag in Frankfurt/Main laut Redemanuskript. Die
Absage gelte für etwaige zusätzliche kreditfinanzierte öffentliche
Ausgabenprogramme als auch für Steuersenkungen auf Pump.
Eine Lockerung des Konsolidierungskurses könnte auch die
europäische Geldpolitik ­ gerade angesichts des derzeitigen
Inflationsdrucks ­ zu Zinserhöhungen veranlassen. «Je nach
Ausmaß würden diese die Konjunktur stärker belasten als ein
Konjunkturprogramm beschleunigend wirken könnte.»
Steinbrück verteidigte erneut das Engagement des Staates bei der
Rettung der angeschlagenen Mittelstandsbank IKB. Damit seien negative
Auswirkungen auf den gesamten Finanzplatz verhindert worden. Es
ärgere ihn aber «gewaltig, dass der Staat wieder einspringen muss, um
das Fehlverhalten von Bankern in einer privaten Bank auszubügeln»,
sagte Steinbrück. «Bei der IKB sind aus Unvermögen und blanker Gier
dramatische Fehler gemacht worden, die der Staat ausbügeln muss,
damit diese Krise nicht andere Unternehmen oder ganze Branchen
infiziert.» Bei der Rettung seien keine Steuergelder «verbrannt»,
sondern verantwortungsvoll eingesetzt, um Schlimmeres zu verhindern.
dpa sl yydd n1 kf
http://www.capital.de/unternehmen/meldungen/826629.html
 
Bernanke wird die Inflation ignorieren
Von Peter Coy

Ben S. Bernanke, der Präsident der amerikanischen Notenbank (Fed), ging am 27. Februar zum Kapitol, als wäre er ein General, der vom Schlachtfeld ins Hauptquartier beordert wurde, um über den Verlauf eines Krieges mit schlechten Siegesaussichten Bericht zu erstatten.

In seiner halbjährlichen Anhörung zur Geldpolitik vor dem Bankenausschuss des Senats unterstrich er das Problem: Die Wirtschaft sieht sich einem Zweifrontenkrieg gegenüber, mit der Finanzkrise nebst wirtschaftlicher Abschwächung auf der einen und der Inflation auf der anderen Seite. Je stärker die Fed gegen die Finanzkrise und die potentielle Rezession zu Felde zieht, desto größer wird der Druck an der Inflationsfront. Und umgekehrt.

Inflationsentwicklung ist für die Fed gegenwärot sekundär

Bernanke, der das Amt des Notenbankchefs vor zwei Jahren von Alan Greenspan übernahm, ist um dieses Dilemma wahrlich nicht zu beneiden. Die Fed operiert nach seinen Worten „in einem von Abwärtsrisiken für das Wachstum, von angespannten finanziellen Bedingungen und von Inflationsdruck geprägten Umfeld.“

Bernanke verwies darauf, dass die Fed der Bekämpfung der Finanzkrise und der Stimulierung der Wirtschaft zumindest gegenwärtig eine höhere Priorität einräume als der Inflationseindämmung. „Die Lage an den Finanzmärkten ist nach wie vor äußerst prekär“, so Bernanke. Und obwohl die Fed für das Gesamtjahr 2008 weiterhin von einem moderaten Wirtschaftswachstum zwischen 1,3 und 2,0 Prozent ausgeht, „bestehen nach wie vor Abwärtsrisiken für diesen Ausblick“. Zu diesen Risiken zählt die Möglichkeit einer stärker als erwarteten Abschwächung auf dem Häuser- und dem Arbeitsmarkt sowie die Wahrscheinlichkeit, dass sich die trotz der geldpolitischen Maßnahmen der Fed nach wie vor angespannten Kreditbedingungen „weiter deutlich verschärfen könnten“. Mit Blick auf die Inflation sagte er, dass das Fed-Gremium von einer „deutlichen Abschwächung im Jahr 2008“ ausgehe.

In gewohnt nüchterner Manier verkündete Bernanke, dass die Mitglieder des Offenmarktausschusses „im Bedarfsfall zeitnah handeln und Abwärtsrisiken in angemessener Weise entgegentreten werden“. Marktteilnehmer lesen darin, dass Bernanke an seiner Absicht festhalten werde, den als Leitzins geltenden Tagesgeldsatz während der nächsten Sitzung des Offenmarktausschusses am 18. März deutlich zu kappen. Futures-Händler wetten auf eine Leitzinssenkung um 50 Basispunkte von drei auf dann zweieinhalb Prozent, ein größerer Kreis von Händlern spekuliert nach Bernankes Rede sogar auf einen Zinsschritt von 75 Basispunkten.

Schlechte Nachrichten an mehreren Fronten

Ganz gleich, wie sich die Fed letztlich entscheiden wird: Angesichts des Dilemmas der konträren Ziele - Wachstumsstimulierung und Inflationsbekämpfung - ist eine allseits zufriedenstellende Lösung unmöglich. Der als sensibler Indikator für Inflationsängste geltende Goldpreis ist auf fast 1.000 Dollar je Feinunze gestiegen, während der Ölpreis pro Barrel erneut um die Marke von 100 Dollar pendelt. Am 26. Februar meldete die Regierung zudem einen Anstieg der Erzeugerpreise im Januar. Der auf das Jahr hochgerechnete Zuwachs betrug in den vergangenen drei Monaten annähernd elf Prozent

Zu diesen Problemen gesellen sich weitere Zeichen einer deutlichen Abschwächung der Wirtschaft. Wie das Forschungsinstitut Conference Board am 26. Februar mitteilte, ging der Index des Verbrauchervertrauens im Februar um weitere 12 Punkte auf 75 zurück, während die Komponente der Verbrauchererwartungen auf ein 17-Jahres-Tief sank. Am selben Tag verkündete Standard & Poor's für seinen S&P/Case-Shiller-Hauspreisindex einen Rückgang um 9,1 Prozent im Jahresvergleich. Der Informationsdienst RealtyTrac berichtete für Januar derweil einen Anstieg der Zwangsvollstreckungen um 57 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Am 27. Februar meldete schließlich die Regierung einen unerwartet starken Rückgang der Auftragseingänge für langlebige Güter.

Wird Bernanke seinen Fokus weiterhin auf die Bekämpfung der Finanzkrise und der wirtschaftlichen Abschwächung richten, selbst wenn die Inflation zu einem immer größeren Problem wird? Bei der Beantwortung dieser Frage hilft ein Blick in seine wissenschaftliche Arbeit über die Weltwirtschaftskrise, die für die seinerzeit neu geschaffene Fed zufälligerweise ein ähnliches Dilemma darstellte. Bernanke führte aus, dass die Fed damals selbst zu einer Verschlimmerung der im August 1929 eingetretenen Rezession beitrug, die ansonsten recht gewöhnlich verlaufen wäre. Die Fed, so äußerte er sich in einer Rede im Jahr 2002, hatte ernste Probleme des Bankensystems ignoriert und die Zinsen auf hohem Niveau belassen, um zu verhindern, dass Gold ins Ausland abgezogen werde.

Wiederholt sich die Geschichte?

Die Parallelen zwischen der Weltwirtschaftskrise und der Gegenwart sind zwar aufschlussreich, greifen jedoch zu kurz. In den 1920er-Jahren gab es einen kräftigen Aktienmarktanstieg, eine Technikbegeisterung (Radio) und eine Immobilienblase (in Florida). Die Fed hätte die Zinsen nach dem Einsetzen der Rezession 1929 aggressiv senken müssen, beließ diese jedoch auf hohem Niveau und erhöhte sie sogar noch in der irrigen Annahme, dass dies zur Aufrechterhaltung der Dollar-Gold-Bindung notwendig war (ein hohes Zinsniveau ermutigte Ausländer, Dollarbestände zu halten, anstatt diese in Gold einzutauschen). In seiner wissenschaftlichen Arbeit an der Princeton University wies Bernanke nach, dass die Wirtschaftskrisen von Ländern umso schwerer ausfielen, je länger sie in den 1930er-Jahren am Goldstandard festhielten. Seinerzeit argumentierten die Anhänger restriktiver Geldpolitik für ein Beibehalten des Goldstandards.

Heute lautet das entsprechende Argument: Inflation sollte Staatsfeind Nummer eins sein. Und der entsprechende Fehler heutiger Geldpolitik wäre, die Zinsen auf einem zu hohen Niveau zu halten, um Preissteigerungen zu bekämpfen. Bernanke könnte diesen Fehler sehr wohl umgehen, da seine Intuition stark von seiner langjährigen akademischen Auseinandersetzung mit ähnlichen Fehlern der 1930er-Jahre geprägt ist. „Bernanke ist sich deutlich bewusst, welche Rolle die Zentralbank als Refinanzierungsinstitut der letzten Instanz zur Verhinderung schwerwiegender Störungen des Finanzsystems spielt“, sagt Barry Eichengreen, Volkswirt an der Universität von Kalifornien in Berkeley.

Damit ist allerdings nicht gesagt, dass der Notenbankchef vor einer leichten Entscheidung stünde. Bernanke ist sich sehr wohl im Klaren, dass die Fed bei der Bekämpfung einer sich auf höherem Niveau verfestigten Inflation letztlich zu einer umso stärkeren Zinsanhebung gezwungen sein wird. Unter der Fed-Präsidentschaft von Paul Volcker bedurfte es einer Erhöhung des Leitzinses auf 19 Prozent und der Geißeln zweier Rezessionen, um das in den Siebzigerjahren grassierende Inflationsfieber zu senken. Komplexe Finanzinnovationen wie Verbriefungen von Krediten in Wertpapierform machen es der Fed indes schwerer, Finanzbedingungen zu bewerten, von Einflussnahme ganz zu schweigen. Damit wird alles möglich. „Zentralbanker müssen in gewisser Hinsicht improvisieren“, meint Eichengreen.

Weitere Zinssenkungen als Demonstration von Führungsstärke?

Die Fed unter Bernankes Führung hat innovative Wege beschritten, um das Bankensystem mit ausreichend Liquidität zu versorgen. So wurde etwa der Zeitraum der Geldverleihung verlängert und eine größere Bandbreite an Sicherheiten eines breiteren Spektrums von Finanzinstituten akzeptiert. Die Notenbank senkte den Leitzins allein im Januar um 125 Basispunkte. So schlecht die finanziellen Bedingungen derzeit auch sind, ohne einige der kreativen Maßnahmen der Fed wären sie wahrscheinlich noch schlechter.

Doch je weiter der Leitzins gesenkt wird, desto mehr Widerstand stellt sich Bernanke in den Weg. Richard W. Fisher, Präsident der Fed von Dallas, war bei der Zinssenkung vom 30. Januar noch der einzige Abweichler im Gremium. In einer Rede am 7. Februar in Mexiko-Stadt verglich er die Politik des billigen Geldes mit einem „wirklich großartigen Tequila“ - ein Genuss in Maßen, aber verhängnisvoll in Massen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich Bernanke den Gegnern weiterer Zinssenkungen beugen wird. Er sagte einst, dass die Weltwirtschaftskrise zum Teil deshalb eintrat, weil die „Zentralbank der wichtigsten Wirtschaftsnation der Welt im Jahre 1929 de facto führungslos war und es ihr an Sachverstand mangelte“. Wenn er nach dieser Einstellung handelt, dann dürfte Führungsstärke für ihn darin bestehen, die Zinsen so lange zu senken, wie dies erforderlich ist, um die Wirtschaft aus der Gefahrenzone zu manövrieren.

Der Autor ist Reporter bei Business Week.
http://www.faz.net/s/Rub09A305833E12405A808EF01024D15375/Doc~EB7E729CEE5A9402597647EF17F41F78B~ATpl~Ecommon~Sspezial.html
 
Was nützen die ganzen Zinssenkungen, wenn die Banken diese an die Kreditkunden nicht weiterreichen?

Dies ist aktuell der Fall. Die Zinssenkungen helfen im Moment nur den Banken, die sich billiger Refinanzieren können um Ihren Schrott zu finanzieren. Beim Endkunden kommen die Zinssenkungen nicht an.

Ausserdem ist die Inflation das geringste Problem. Die Inflation ist vor einer Rezession immer hoch und mittendrin ist sie am höchsten. (lagging indicator)

Wir sollten usn viel mehr sorgen machen was folgt wenn die Inflation fällt und in eine Deflation kippt. Teilweise sehen wir ja schon eine Asset Deflation(zumindest am Häusermarkt). Der Aktienmarkt wird folgen denke ich.

Bernanke wird die Inflation ignorieren
Von Peter Coy

Ben S. Bernanke, der Präsident der amerikanischen Notenbank (Fed), ging am 27. Februar zum Kapitol, als wäre er ein General, der vom Schlachtfeld ins Hauptquartier beordert wurde, um über den Verlauf eines Krieges mit schlechten Siegesaussichten Bericht zu erstatten.

In seiner halbjährlichen Anhörung zur Geldpolitik vor dem Bankenausschuss des Senats unterstrich er das Problem: Die Wirtschaft sieht sich einem Zweifrontenkrieg gegenüber, mit der Finanzkrise nebst wirtschaftlicher Abschwächung auf der einen und der Inflation auf der anderen Seite. Je stärker die Fed gegen die Finanzkrise und die potentielle Rezession zu Felde zieht, desto größer wird der Druck an der Inflationsfront. Und umgekehrt.

Inflationsentwicklung ist für die Fed gegenwärot sekundär

Bernanke, der das Amt des Notenbankchefs vor zwei Jahren von Alan Greenspan übernahm, ist um dieses Dilemma wahrlich nicht zu beneiden. Die Fed operiert nach seinen Worten „in einem von Abwärtsrisiken für das Wachstum, von angespannten finanziellen Bedingungen und von Inflationsdruck geprägten Umfeld.“

Bernanke verwies darauf, dass die Fed der Bekämpfung der Finanzkrise und der Stimulierung der Wirtschaft zumindest gegenwärtig eine höhere Priorität einräume als der Inflationseindämmung. „Die Lage an den Finanzmärkten ist nach wie vor äußerst prekär“, so Bernanke. Und obwohl die Fed für das Gesamtjahr 2008 weiterhin von einem moderaten Wirtschaftswachstum zwischen 1,3 und 2,0 Prozent ausgeht, „bestehen nach wie vor Abwärtsrisiken für diesen Ausblick“. Zu diesen Risiken zählt die Möglichkeit einer stärker als erwarteten Abschwächung auf dem Häuser- und dem Arbeitsmarkt sowie die Wahrscheinlichkeit, dass sich die trotz der geldpolitischen Maßnahmen der Fed nach wie vor angespannten Kreditbedingungen „weiter deutlich verschärfen könnten“. Mit Blick auf die Inflation sagte er, dass das Fed-Gremium von einer „deutlichen Abschwächung im Jahr 2008“ ausgehe.

In gewohnt nüchterner Manier verkündete Bernanke, dass die Mitglieder des Offenmarktausschusses „im Bedarfsfall zeitnah handeln und Abwärtsrisiken in angemessener Weise entgegentreten werden“. Marktteilnehmer lesen darin, dass Bernanke an seiner Absicht festhalten werde, den als Leitzins geltenden Tagesgeldsatz während der nächsten Sitzung des Offenmarktausschusses am 18. März deutlich zu kappen. Futures-Händler wetten auf eine Leitzinssenkung um 50 Basispunkte von drei auf dann zweieinhalb Prozent, ein größerer Kreis von Händlern spekuliert nach Bernankes Rede sogar auf einen Zinsschritt von 75 Basispunkten.

Schlechte Nachrichten an mehreren Fronten

Ganz gleich, wie sich die Fed letztlich entscheiden wird: Angesichts des Dilemmas der konträren Ziele - Wachstumsstimulierung und Inflationsbekämpfung - ist eine allseits zufriedenstellende Lösung unmöglich. Der als sensibler Indikator für Inflationsängste geltende Goldpreis ist auf fast 1.000 Dollar je Feinunze gestiegen, während der Ölpreis pro Barrel erneut um die Marke von 100 Dollar pendelt. Am 26. Februar meldete die Regierung zudem einen Anstieg der Erzeugerpreise im Januar. Der auf das Jahr hochgerechnete Zuwachs betrug in den vergangenen drei Monaten annähernd elf Prozent

Zu diesen Problemen gesellen sich weitere Zeichen einer deutlichen Abschwächung der Wirtschaft. Wie das Forschungsinstitut Conference Board am 26. Februar mitteilte, ging der Index des Verbrauchervertrauens im Februar um weitere 12 Punkte auf 75 zurück, während die Komponente der Verbrauchererwartungen auf ein 17-Jahres-Tief sank. Am selben Tag verkündete Standard & Poor's für seinen S&P/Case-Shiller-Hauspreisindex einen Rückgang um 9,1 Prozent im Jahresvergleich. Der Informationsdienst RealtyTrac berichtete für Januar derweil einen Anstieg der Zwangsvollstreckungen um 57 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Am 27. Februar meldete schließlich die Regierung einen unerwartet starken Rückgang der Auftragseingänge für langlebige Güter.

Wird Bernanke seinen Fokus weiterhin auf die Bekämpfung der Finanzkrise und der wirtschaftlichen Abschwächung richten, selbst wenn die Inflation zu einem immer größeren Problem wird? Bei der Beantwortung dieser Frage hilft ein Blick in seine wissenschaftliche Arbeit über die Weltwirtschaftskrise, die für die seinerzeit neu geschaffene Fed zufälligerweise ein ähnliches Dilemma darstellte. Bernanke führte aus, dass die Fed damals selbst zu einer Verschlimmerung der im August 1929 eingetretenen Rezession beitrug, die ansonsten recht gewöhnlich verlaufen wäre. Die Fed, so äußerte er sich in einer Rede im Jahr 2002, hatte ernste Probleme des Bankensystems ignoriert und die Zinsen auf hohem Niveau belassen, um zu verhindern, dass Gold ins Ausland abgezogen werde.

Wiederholt sich die Geschichte?

Die Parallelen zwischen der Weltwirtschaftskrise und der Gegenwart sind zwar aufschlussreich, greifen jedoch zu kurz. In den 1920er-Jahren gab es einen kräftigen Aktienmarktanstieg, eine Technikbegeisterung (Radio) und eine Immobilienblase (in Florida). Die Fed hätte die Zinsen nach dem Einsetzen der Rezession 1929 aggressiv senken müssen, beließ diese jedoch auf hohem Niveau und erhöhte sie sogar noch in der irrigen Annahme, dass dies zur Aufrechterhaltung der Dollar-Gold-Bindung notwendig war (ein hohes Zinsniveau ermutigte Ausländer, Dollarbestände zu halten, anstatt diese in Gold einzutauschen). In seiner wissenschaftlichen Arbeit an der Princeton University wies Bernanke nach, dass die Wirtschaftskrisen von Ländern umso schwerer ausfielen, je länger sie in den 1930er-Jahren am Goldstandard festhielten. Seinerzeit argumentierten die Anhänger restriktiver Geldpolitik für ein Beibehalten des Goldstandards.

Heute lautet das entsprechende Argument: Inflation sollte Staatsfeind Nummer eins sein. Und der entsprechende Fehler heutiger Geldpolitik wäre, die Zinsen auf einem zu hohen Niveau zu halten, um Preissteigerungen zu bekämpfen. Bernanke könnte diesen Fehler sehr wohl umgehen, da seine Intuition stark von seiner langjährigen akademischen Auseinandersetzung mit ähnlichen Fehlern der 1930er-Jahre geprägt ist. „Bernanke ist sich deutlich bewusst, welche Rolle die Zentralbank als Refinanzierungsinstitut der letzten Instanz zur Verhinderung schwerwiegender Störungen des Finanzsystems spielt“, sagt Barry Eichengreen, Volkswirt an der Universität von Kalifornien in Berkeley.

Damit ist allerdings nicht gesagt, dass der Notenbankchef vor einer leichten Entscheidung stünde. Bernanke ist sich sehr wohl im Klaren, dass die Fed bei der Bekämpfung einer sich auf höherem Niveau verfestigten Inflation letztlich zu einer umso stärkeren Zinsanhebung gezwungen sein wird. Unter der Fed-Präsidentschaft von Paul Volcker bedurfte es einer Erhöhung des Leitzinses auf 19 Prozent und der Geißeln zweier Rezessionen, um das in den Siebzigerjahren grassierende Inflationsfieber zu senken. Komplexe Finanzinnovationen wie Verbriefungen von Krediten in Wertpapierform machen es der Fed indes schwerer, Finanzbedingungen zu bewerten, von Einflussnahme ganz zu schweigen. Damit wird alles möglich. „Zentralbanker müssen in gewisser Hinsicht improvisieren“, meint Eichengreen.

Weitere Zinssenkungen als Demonstration von Führungsstärke?

Die Fed unter Bernankes Führung hat innovative Wege beschritten, um das Bankensystem mit ausreichend Liquidität zu versorgen. So wurde etwa der Zeitraum der Geldverleihung verlängert und eine größere Bandbreite an Sicherheiten eines breiteren Spektrums von Finanzinstituten akzeptiert. Die Notenbank senkte den Leitzins allein im Januar um 125 Basispunkte. So schlecht die finanziellen Bedingungen derzeit auch sind, ohne einige der kreativen Maßnahmen der Fed wären sie wahrscheinlich noch schlechter.

Doch je weiter der Leitzins gesenkt wird, desto mehr Widerstand stellt sich Bernanke in den Weg. Richard W. Fisher, Präsident der Fed von Dallas, war bei der Zinssenkung vom 30. Januar noch der einzige Abweichler im Gremium. In einer Rede am 7. Februar in Mexiko-Stadt verglich er die Politik des billigen Geldes mit einem „wirklich großartigen Tequila“ - ein Genuss in Maßen, aber verhängnisvoll in Massen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich Bernanke den Gegnern weiterer Zinssenkungen beugen wird. Er sagte einst, dass die Weltwirtschaftskrise zum Teil deshalb eintrat, weil die „Zentralbank der wichtigsten Wirtschaftsnation der Welt im Jahre 1929 de facto führungslos war und es ihr an Sachverstand mangelte“. Wenn er nach dieser Einstellung handelt, dann dürfte Führungsstärke für ihn darin bestehen, die Zinsen so lange zu senken, wie dies erforderlich ist, um die Wirtschaft aus der Gefahrenzone zu manövrieren.

Der Autor ist Reporter bei Business Week.
http://www.faz.net/s/Rub09A305833E12405A808EF01024D15375/Doc~EB7E729CEE5A9402597647EF17F41F78B~ATpl~Ecommon~Sspezial.html
 
EZB soll sich für Abschwung rüsten
von Mark Schrörs (Frankfurt) und Ulrike Heike Müller (Berlin)
Führende Volkswirte haben die Europäische Zentralbank (EZB) davor gewarnt, die derzeitigen Konjunkturrisiken zu unterschätzen. Schon bald könnten Zinssenkungen nötig werden.

Zwar erklärten die Experten mehrheitlich, dass die abwartende Haltung der Währungshüter bislang angemessen gewesen sei; trotz Finanzkrise hält sie den Leitzins bei 4,0 Prozent. Nun müssten die Notenbanker aber aufpassen, dass sie der Entwicklung nicht hinterherhinken. Das ergab eine FTD-Expertenumfrage.

"Bislang haben wir keinen großen Abschwung, und die Probleme im Bankensektor sind erheblich geringer als in den USA", sagte James Nixon, EZB-Beobachter bei der Société Générale. Wenn Daten nun aber eine schärfere Abschwächung signalisierten, sollte der Zins sinken. "Dann ist es auch richtig, mit deutlichen Schritten zu reagieren", sagte Gernot Nerb vom Ifo-Institut.

Die Aussagen unmittelbar vor der EZB-Sitzung am Donnerstag zeigen, dass die Währungshüter vor entscheidenden Wochen stehen. Seit Ausbruch der Finanzkrise im August gehen sie einen ganz anderen Weg als die US-Zentralbank Fed. Die senkte ihren Leitzins um 225 Basispunkte, um eine Rezession der weltgrößten Volkswirtschaft zu verhindern. Experten erwarten weitere Schritte. Die EZB dagegen hat sich bislang allenfalls von der Neigung zu weiteren Zinserhöhungen verabschiedet.

Die harte Haltung der EZB ist ein entscheidender Grund für die jüngste Euro-Rally. Allein seit Jahresbeginn ist der Euro zum Dollar um mehr als vier Prozent auf bis zu 1,5274 $ geschnellt. Die Notenbanker werden auch verstärkt kritisiert, weil eine völlige Abkopplung von den USA unwahrscheinlich ist.

Viele Volkswirte stärken der EZB aber auch den Rücken. "Die Fed hat reagiert, weil Frühindikatoren und einige realwirtschaftliche Zahlen belegen, dass selbst das Risiko einer Rezession nicht von der Hand zu weisen ist", sagte Carsten Klude, Chefvolkswirt bei M.M. Warburg. Im Euro-Währungsgebiet gebe es hingegen nur wenige Indikatoren, die signalisierten, dass sich die konjunkturelle Lage bereits nachhaltig verschlechtert hat.

Auch der Euroindikator, den führende Wirtschaftsforschungsinstitute in Europa jeden Monat für die FTD berechnen, signalisiert zwar ein schwächeres Wachstum, aber keinen Einbruch. Danach wird die Wirtschaft im Euro-Raum von Januar bis März 2,2 Prozent zum Vorjahr zulegen, im zweiten Quartal 2,1 Prozent. Ende 2007 waren es noch 2,5 Prozent.

Laut Julian Callow, Europa-Chefvolkswirt bei Barclays Capital, bremst vor allem die robuste Jobentwicklung die EZB: "Würde die Arbeitslosigkeit so stark steigen wie in den USA, wäre die EZB eher bereit zu Zinssenkungen." Zwar muss die EZB anders als die Fed nicht gleichzeitig auf stabile Preise und hohe Beschäftigung achten. Aber auch die europäischen Währungshüter wollen starkes Wachstum. Und eine steigende Arbeitslosigkeit senkt den Lohndruck.

David Kohl, stellvertretender Leiter des Research bei Julius Bär, verweist auch auf strukturelle Unterschiede. So gehe die Euro-Inflation weniger stark zurück als in den USA, wenn sich das Wachstum abschwächt. Die Fed vertraut darauf, dass die Wachstumsschwäche die Inflation erheblich eindämmt. Viele Ökonomen mahnen die EZB aber, genau zu beobachten, wie die schwächere Weltwirtschaft, die Finanzkrise und der starke Euro auf die Konjunktur wirken. "Die EZB läuft Gefahr, zu spät zu reagieren", sagte José Alzola, Europa-Chefökonom der Citigroup. Die Sorge der EZB, dass die zu hohe Inflation von 3,2 Prozent künftig weitere Preissteigerungen nach sich zieht, hält er für unbegründet.

Anfang Februar äußerte sich EZB-Präsident Jean-Claude Trichet vorsichtiger zur Inflation und besorgter über das Wachstum. Danach war die EZB unzufrieden damit, dass dies von den Märkten als Signal für sinkende Zinsen gedeutet wurde.

Mit Spannung sehen die Experten den neuen Prognosen zu Wachstum und Inflation entgegen. Besonders wichtig wird die erwartete Teuerungsrate für das Jahr 2009. Sollte die EZB statt 1,8 nun 2,0 Prozent oder mehr erwarten, wären sinkende Zinsen kaum wahrscheinlich.
http://www.ftd.de/boersen_maerkte/aktien/marktberichte/:EZB%20Abschwung/326749.html
 
Manipuliert die Fed den Goldpreis?
von Detlev Landmesser

Was ist da los? Fast hat der Goldpreis die Marke von 1.000 Dollar erreicht, da setzen kräftige Kursrückschläge ein. Das nährte neue Spekulationen über Eingriffe von ganz oben – die durchaus begründet sind.

Der Goldpreis scheint nicht zu bremsen: Seit 1993 geht es aufwärts, und seit einem halben Jahr hat sich das Tempo der Rally nocheinmal deutlich beschleunigt. Angesichts dieser Dynamik scheint es nur noch eine Frage von Tagen oder Wochen, bis der Goldpreis die magische Marke von 1.000 Dollar erstmals erreicht.

Noch am Montag stand er mit 989,33 Dollar nur knapp davor. Am Dienstag um punkt 17:00 Uhr ging es jedoch plötzlich jäh nach unten - um mehr als 20 Dollar. Am Mittwoch um 12:00 Uhr folgte ein weiterer auffälliger Rücksetzer, der vor allem die Weißmetalle Platin und Palladium erfasste.

In diesen historischen Höhen liegen natürlich Gewinnmitnahmen nahe, und vergrätzte Spekulanten sind schnell bei der Hand, die Notenbanken zum Sündenbock für ihre Kursverluste zu machen.

Statistik stützt die Gerüchte
Dennoch spricht gerade in diesen krisenhaften Zeiten einiges für eine Intervention zumindest der amerikanischen Notenbank, deren Goldreserven ein Vielfaches des weltweiten Jahresverbrauchs betragen.

Schon seit Jahren analysiert Dimitri Speck, Herausgeber der Seite "Seasonalcharts.de", die Kursanomalien im Goldmarkt. Dem Experten fielen besonders die Intradaymuster im Handel an der New Yorker Terminbörse Comex auf, für die sich keine marktgerechte Erklärung finden ließ – nur die Erklärung, dass im New Yorker Handel systematisch versucht wurde, den Goldpreis zu drücken. Die Anomalien begannen übrigens erst 1993. "Auch die Kursbewegung am Dienstag lässt auf einen Markteingriff schließen", so Speck.

Warum sollte die Fed intervenieren?
Was zu der Frage führt, warum gerade einer Notenbank ein hoher Goldpreis ein Dorn im Auge sein soll. Schließlich liegt ein fallender Goldpreis nicht in ihrem direkten Interesse, da ihre eigenen Bestände damit abgewertet werden.

Doch gibt es handfeste geldpolitische Gründe. Ein steigender Goldpreis ist geradezu Ausdruck einer inflationären Entwicklung, und nährt in der Bevölkerung die Erwartung, dass Papiergeld kontinuierlich weniger wert wird. Hohe Inflationserwartungen sind aber Gift für das primäre geldpolitische Ziel, die Stabilität der Währung zu gewährleisten.

In diesem Zusammenhang könnte auch der hohe symbolische Charakter der runden Marke eine Rolle spielen. Ein Preis von 1.000 Dollar für die Krisenwährung Nummer eins könnte in der Öffentlichkeit geradezu als Fanal der Krise aufgefasst werden.

Zudem trägt ein rückläufiger Goldpreis zu sinkenden Zinsen bei. Er macht Gold im Vergleich zu den konkurrierenden festverzinslichen Anlagen weniger attraktiv, was die Liquidität in diesen Märkten erhöht und dem krisenhaften Zinsanstieg entgegenwirkt.

Schließlich kommt ein fallender Goldpreis direkt dem US-Dollar zu Gute. Noch immer ist der Dollar neben Gold für ausländische Notenbanken die Reservewährung Nummer eins. "Es fällt den USA leichter, ihr Doppeldefizit zu finanzieren, wenn ausländische Zentralbanken keine attraktive Alternative zum Dollar haben", resümiert Speck.

Wie die Kursentwickung zeigt, war den bisherigen Interventionen seit 1993 nur begrenzter Erfolg beschieden – Spekulanten dürfen also weiter auf steigende Edelmetallpreise setzen. Das Wissen, dass von interessierter Seite jederzeit Störfeuer kommen kann, kann dabei nicht schaden.
http://boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_281326
de.hr.cms.servlet.IMS
 
Opec stellt sich quer

Die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) wird die Förderquoten ihrer 13 Mitgliedsländer vorläufig nicht verändern. Dies gab ein OPEC-Sprecher nach dem Abschluss der 148. Ministerkonferenz in Wien bekannt. Die Opec-Minister erteilten den Forderungen von Industrieländern eine Absage und ließ ihre Förderquote trotz der Rekordstände beim Ölpreis wie erwartet unverändert.

Die Gründe für den Preisanstieg lägen außerhalb des Einflussbereichs des Öl-Kartells. Zudem werde im Zuge des Konjunkturabschwungs in den USA die Nachfrage im Laufe des Jahres nachlassen, sagte Opec-Präsident Chakib Khelil in Wien.

Opec-Vertreter hatten zuletzt wiederholt erklärt, der Preisanstieg sei nicht auf eine mangelhafte Versorgung mit Öl zurückzuführen. Vielmehr seien die Dollar-Schwäche, Spekulationsgeschäfte und politische Unsicherheiten dafür verantwortlich. Viele Verbraucherländer forderten dagegen eine höhere Fördermenge, um die Märkte zu beruhigen.

US-Präsident George W. Bush hat sich enttäuscht über die Entscheidung der Opec gezeigt. "Ihm wäre es lieber gewesen, die Opec hätte eine andere Entscheidung getroffen", sagte eine Sprecherin Bushs. Es sei für die größten Kunden der Opec, zu denen auch die USA gehörten, nicht gut, wenn ihre Wirtschaft zum Teil durch hohe Benzinpreise abgebremst werde.


Streit um die Faktoren

Im Vorfeld der Wiener Opec-Konferenz hatten Beobachter bereits damit gerechnet, dass die Opec die aktuelle Fördermenge beibehalten wird. Eine Erhöhung hatten die 13 Mitgliedsstaaten zuletzt im September 2007 beschlossen. Dennoch sei der Preisanstieg nicht gestoppt worden, hatte Opec-Präsident Khelil unlängst erklärt. Dennoch haben die USA vor dem Treffen ihren Druck auf das Förderkartell erhöht. "Es ist ein Fehler, wenn sich die Wirtschaft des größten Opec-Kunden wegen des hohen Ölpreises abschwächt", hatte US-Präsident Bush erklärt. Khelil konterte nun und machte die Misswirtschaft in den USA für eine im Jahresverlauf abnehmende Nachfrage nach Öl verantwortlich.

Nach Ansicht der US-Regierung würde schon eine symbolische Anhebung der Opec-Fördermenge um 300.000 bis 500.000 Barrel pro Tag ausreichen, um für Entspannung zu sorgen. Die Opec-Mitglieder fördern nach eigenen Angaben derzeit zusammen rund 32 Mio. Barrel pro Tag, was mehr als einem Drittel der weltweiten Produktion entspricht.

Rohstoff für Investoren

Aber auch unter Experten sind die Auswirkungen einer Fördererhöhung umstritten. Einige Analysten rechnen mit sinkenden Preisen, denn bei einer höheren Förderung könnten die Lagerbestände ausgebaut werden. Andere Analysten erwarten eher, dass dies nur die Spekulationsgeschäfte anheizen dürfte. Es sei immer noch eine Menge Geld auf der Suche nach gewinnbringenden Anlagen, und sinkende Zinsen sowie die Finanzmarktturbulenzen machten Rohstoffe für Investoren attraktiver, sagte ein Branchenkenner. "Die Leute wollen sich in der ein oder anderen Form an Rohstoffen beteiligen, und für die meisten sind die Öl-Futures das Mittel dazu."
http://www.n-tv.de/929605.html?050320081923
 
Rinder, Weizen und Kaffee ins Depot
Von Thorsten Winter

Die unfrohe Botschaft hallt noch nach: Im Februar mussten die Hessen für Verbrauchsgüter deutlich tiefer in die Tasche greifen als vor Jahresfrist. Um satte drei Prozent ist die Inflationsrate geklettert, wie das Statistische Landesamt ermittelt hat. Auch wenn die nur eine bestimmte Gruppe betreffenden Studiengebühren, die mit vier Zehnteln zu Buche schlugen, herausgerechnet werden, bleibt ein hoher Wert.

Wer tiefer in die Datensammlung der Wiesbadener einsteigt, findet die wahren Preistreiber: Heizöl kostete 34 Prozent mehr als zwölf Monate zuvor, Benzin gut zwölf Prozent. Da die meisten Busse mit Diesel fahren und Wohnungen in der Regel mit Öl oder Gas geheizt werden, nagten auch Fahrpreise und Mieten am Geldbeutel, selbst wenn der Preisauftrieb in diesen Fällen überschaubar blieb.


Nahrungsmitteln verteuern sich durchschnittlich um acht Prozent
Unter dem Strich ist der hessische Verbraucherpreis-Index seit 2005 von 100 auf zuletzt fast 106 Punkte geklettert. Dass Produkte aus der Unterhaltungselektronik um gut ein Zehntel günstiger geworden sind, dürfte für viele Verbraucher nur ein schwacher Trost sein. Schließlich zählen Computer und DVD-Geräte nicht zu den Waren des täglichen Verbrauchs.

Beeindruckend wirkt die Steigerungsrate bei Nahrungsmitteln. Acht Prozent mehr waren zuletzt fällig. Aber nur im Mittel. Brot und andere Getreideerzeugnisse wie Müsli verteuerten sich um fast ein Zehntel. Und Milchtrinker und Ei-Esser zahlten einen Aufschlag von jeweils mehr als einem Viertel. Zur Erinnerung: Angesichts der gestiegenen Nachfrage besonders aus Asien konnten die Bauern den Molkereien und diese dem Handel im vergangenen Jahr höhere Abnahmepreise für Milch, Quark und Joghurt abhandeln. Das wirkt nach. „Wir hatten seit fünf Jahren rückläufige Preise und sind jetzt beim Preisniveau von 2001/2002“, sagte Günter Berz-List, Chef der Schwälbchen-Molkerei in Bad Schwalbach, nach dem „Milchpreis-Schock“ und der damit verbundenen Aufregung. Er äußerte die Hoffnung, „dass diese Preise Bestand haben“.

Auch Hessens Bauernpräsident Friedhelm Schneider glaubt nicht an ein Strohfeuer. Den zwischenzeitlichen Rückgang der Preise für Butter bei Discountern ist für ihn kein gegenteiliges Signal: „Die Einkaufspreise waren höher – das heißt, die Discounter haben draufgelegt“, sagt er und meint: „Insgesamt wird 2008 für die Bauern noch besser werden als 2007.“ Er verweist ebenso auf die weltweit wachsende Nachfrage nach landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Milchprodukte, aber auch Fleisch und Getreide. Die Weltbevölkerung nimmt zu und muss versorgt werden, während Anbauflächen und Ernteerträge nicht beliebig zu vermehren sind.


„Engagement in Rohstoffen zu suchen“
Während letztlich von Verhandlungen zwischen Milchproduzenten und Handel abhängt, wie viel die Verbraucher für Milch, Butter und Joghurt zahlen müssen, kommen beim Genussmittel Kaffee und bei Kakao die Warenterminbörsen ins Spiel. Und diese Rohstoffe kennen seit Monaten fast nur eine Richtung: nach oben. „Bei einer steigenden Inflation steigen die Preise für Güter, wie zum Beispiel für Rohstoffe“, heißt es bei dem Finanzdienstleister Lyxor Asset Management in Frankfurt. Wieland Staud, der als Analyst mit Sitz in Bad Homburg die Finanzmärkte der Welt beobachtet, stellte gerade fest: Egal ob Gold, Silber, Kupfer, Platin, Öl und Zinn, Kaffee, Kakao oder Zucker – nahezu überall fänden sich hervorragende Vorzeichen dafür, dass sich die jeweiligen Aufwärtstrends fortsetzen sollten.

„Übersetzt heißt das: Tanken wird teurer, Katalysatoren werden teurer, Autos werden teurer, Essen und Trinken wird teurer“, gibt er zu bedenken. Angesichts dessen könnte es sinnvoll sein, „ein Engagement in Rohstoffen zu suchen und sich damit beispielsweise gegen weitere Preisanstiege an den Zapfsäulen sowie in den Supermärkten und Konsumtempeln zu versichern“.

Dies wiederum ist mit verschiedenen Finanzprodukten möglich. So werden an den Börsen Indexfonds und Zertifikate gehandelt, die auf Rohstoffindizes laufen. Zu den gängigen Indizes, die Rohstoffe (Commodities) auf sich vereinen, zählen der CRB Total Return Index, der von der Investmentbank Jefferies und Reuters berechnet wird. 1957 aufgelegt, wurde er mehrfach neu ausgerichtet, zuletzt 2005. Derzeit enthält er 19 Waren; Nahrungs- und Genussmittel machen mit 41 Prozent den größten Anteil aus, während Brenn- und Treibstoffe auf 39 Prozent kommen, der Rest entfällt auf Edel- und Industriemetalle. 19 Posten finden sich auch im Dow Jones-AIG Commodity Index, an erster Stelle Gas, vor Rohöl und Sojabohnen, aber auch lebende Rinder, Zucker und Kaffee. 36 Rohstoffe enthält der vom Börsenguru Jim Rogers aufgelegte Rogers International Commodity Index (RICI), in dem Rohöl mit 35 Prozent den größten Posten bildet vor Weizen mit sieben Prozent. Indexfonds, die den Dow Jones-AIG, den CRB oder den RICI abbilden, sind binnen Monatsfrist jeweils um etwa zehn Prozent gestiegen.
http://www.faz.net/s/RubBEFA4EA6A59441D98AC2EC17C392932A/Doc~E4DDFAF3086A14AE0AAC5399AF1559E58~ATpl~Ecommon~Scontent.html
 
Fed will Banken mit zusätzlichem Geld Luft verschaffen

Washington/Paris (Reuters) - Die US-Notenbank hat wegen der wieder gestiegenen Spannungen an den Finanzmärkten ihre für März geplanten Liquiditätsspritzen erhöht.

Wie die Federal Reserve (Fed) am Freitag in Washington überraschend mitteilte, sind zwei Auktionen über je 50 Milliarden Dollar geplant, je 20 Milliarden Dollar mehr als eigentlich geplant. Sollte es für das Bankensystem nötig werden, könne die Summe weiter aufgestockt werden. Insgesamt seien noch weitere befristete Geldmarktgeschäfte über weitere 100 Milliarden Dollar geplant.

Wie die Fed zudem mitteilte, steht sie wegen der zunehmenden Sorgen vor neuen Liquiditätsengpässen in engem Kontakt mit anderen Zentralbanken. Die Notenbanken der USA, der Euro-Zone und anderer Industrienationen hatten erst vor wenigen Monaten in einer gemeinsamen Aktion Milliarden in die Märkte gepumpt, um deren Funktionieren sicherzustellen. Am Geldmarkt bestand zum Jahresende die Gefahr einer Klemme.

Vor der Fed-Mitteilung hatte US-Notenbanker Richard Fisher Marktspekulationen gedämpft, es könne bereits vor dem 18. März zu weiteren Zinssenkungen kommen. Aus der Tatsache, dass die Fed in jüngster Vergangenheit bedeutsam auf den Kreditmärkten aktiv geworden sei, könne nicht geschlossen werden, dass eine außerordentliche Fed-Zinssitzung und eine Zinssenkung anstehe, sagte Fisher Bloomberg TV am Rande eines Wirtschaftssymposiums in Paris. "Wir haben mit sehr überlegten Aktionen reagiert (...) in einem sehr kurzen zeitlichen Rahmen. Ich denke, die Märkte sollten nicht davon ausgehen, dass wir weiterhin auf diese Art und Weise reagieren werden." Fisher ist Präsident der Federal Reserve Bank von Dallas.

Experten erwarten, dass die Fed die Zinsen bei ihrer nächsten geldpolitischen Sitzung am 18. März von derzeit 3,0 auf bis zu 2,25 Prozent senken wird. Mitte September hatte der Satz noch bei 5,25 Prozent gelegen, war dann aber von der Notenbank in mehreren Schritten gesenkt worden. Grund war die schwache Wirtschaftsentwicklung und die Krise an den Kreditmärkten. An den Märkten war spekuliert worden, es könne erneut eine Zinssenkung zwischen den regulären Fed-Terminen geben. Fisher machte deutlich, dies sei nicht seine bevorzugte Herangehensweise. Allerdings repräsentiere er nur ein Mitglied des Offenmarktausschusses.

Die Präsidentin der Federal Reserve von San Francisco, Janet Yellen, sagte bei der Tagung in Paris, die US-Notenbank sei bei ihren Zinsentscheidungen angesichts der zeitgleichen Risiken für Inflation und Wachstum in einer prekären Lage. Es handele sich um eine "unangenehme Kombination" von Risiken. Für die USA gebe es weiter die Gefahr eines wirtschaftlichen Abschwungs. Hauptgründe dafür seien die Probleme am Eigenheim-Markt und die Krise an den Kreditmärkten. Sollten sich diese Probleme fortsetzen, könne sich auch die aktuelle Schwäche am US-Arbeitsmarkt ausweiten.

William Poole, Präsident der Fed von St. Louis, erklärte, die Notenbank dürfe die Inflation nicht außer acht lassen. Man müsse die richtige Balance bei der Abwägung der Risiken treffen, sagte er vor Journalisten in Springfield. Die Fed könne zwar die Kosten für Kredite massiv verringern. Das führe aber zu dem Risiko einer höheren Inflation und einer um so größeren Rezession im Anschluss daran.
http://de.reuters.com/article/economicsNews/idDEHUM75302820080307
 
Dollar bleibt Öl-Währung
Saudis gegen den Euro

Der weltgrößte Ölexporteur Saudi-Arabien will ungeachtet der anhaltenden Dollarschwäche seine Öllieferungen weiter in der US-Währung abrechnen. Es gebe keine Pläne, dies zu ändern, sagte der Zentralbankgouverneur des Landes, Hamad al-Sajjari, nach einer Treffen der Notenbankchefs des Golf-Kooperationsrates mit EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und anderen hochrangigen Geldpolitikern der Euro-Zone.

Zu Gerüchten, Saudi-Arabien habe kurzfristig große Mengen Dollar auf dem Weltmarkt gekauft, wollte der saudische Notenbankchef nicht Stellung nehmen. Allerdings sei der Dollar aus seiner Sicht derzeit unterbewertet.

Der Weltmarkt für Öl wird von den arabischen Staaten, allen voran Saudi-Arabien dominiert. Abrechnungswährung für Ölgeschäfte ist der US-Dollar. Zuletzt war der Ölpreis auf mehr als 109 US-Dollar je Barrel geklettert. Wegen des schwachen Greenbacks steigen die Einnahmen der Öl fördernden Staaten wesentlich schwächer.

Dem Golf-Kooperationsrat gehören neben Saudi-Arabien noch Bahrain, Katar, Kuwait, Oman und die Vereinigten Arabischen Emirate an.
http://www.n-tv.de/932998.html?120320081827
 
Fünf Anbieter beherrschen den Benzinmarkt

Die Nachricht passt zu Benzinpreisen, die sich in Richtung neuer Höchststände bewegen: Die großen Mineralölkonzerne unterliegen in Deutschland künftig einer intensiveren Missbrauchsaufsicht durch das Bundeskartellamt. In einer umfassenden Marktuntersuchung sind die Wettbewerbshüter zu dem Schluss gekommen, dass der Benzinmarkt von fünf Anbietern beherrscht wird.

Dieses Oligopol besteht aus Shell, BP/Aral, Esso, Total und Jet (Conoco), wie eine Sprecherin erläuterte. Das Kartellamt könne nun leichter eingreifen, wenn eines der dominierenden Unternehmen versuche, Wettbewerber zu verdrängen oder Preise in unzulässiger Weise anzuheben.

Keine Hinweise auf Preisabsprachen

Gleichzeitig betonte die Sprecherin, dass es keine Hinweise auf Preisabsprachen am Benzinmarkt gebe. Die Einleitung von Verfahren sei deshalb nicht geplant. Der immer wieder kritisierte Gleichklang von Preiserhöhungen an den Tankstellen sei für sich genommen kein Indiz für verbotene Praktiken. Der Markt sei so transparent, dass die Anbieter schnell auf die Konkurrenz reagieren könnten. Auch saisonale Preissteigerungen wie jetzt zu Ostern seien keine Besonderheit des Benzinmarktes, sondern - ähnlich wie steigende Hotelpreise - durch die höhere Nachfrage zu erklären.

Direkte Konsequenzen hat die Marktuntersuchung für die Fusionskontrolle: Unternehmenszukäufe oder Fusionen sind den fünf Unternehmen grundsätzlich verboten, weil sie schon jetzt ein "marktbeherrschendes Oligopol" bilden. Dennoch hat das Kartellamt Shell noch erlaubt, sich die sechs ostdeutschen Go-Tankstellen der Berliner Hanseatic Petrol Vertriebs GmbH (HVP) einzuverleiben.

Die Sprecherin begründete die Freigabe mit der vernachlässigbaren Größe des Zukaufs. Das Kartellamt hatte diese Fusionsprüfung zum Anlass genommen, um den gesamten Markt genauer zu durchleuchten (F.A.Z. vom 14. Januar). Im Vordergrund standen dabei die Marktstrukturen, nicht die Preisgestaltung. Der Markt sei durch einen intensiven Wettbewerb mit geringen Margen der Anbieter geprägt.

Rechtzeitig zu Ostern wird Sprit erheblich teurer

Rechtzeitig zu Beginn der Osterferien werden Benzin und Diesel erheblich teurer. Ein Liter Diesel kostet derzeit 1,34 Euro und liegt damit nur noch ganz knapp unter dem Allzeithoch vom vergangenen November, wie der ADAC in München mitteilte. Für einen Liter Superbenzin muss an den Tankstellen derzeit 1,43 Euro bezahlt werden. Zu Beginn der Osterferien in sieben Bundesländern am Wochenende könnten die Preise weiter steigen, sagte ein Clubsprecher. Grund sei der Rekordstand beim Ölpreis. Die Internationale Energieagentur (IEA) rief Vertreter der Branche wegen der Ölpreisexplosion zu einer Krisensitzung auf.

Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Sorte Light Sweet Crude erreichte am Mittwoch in New York die historische Höchstmarke von 109,85 Dollar. Zwar macht der günstige Dollar den Kauf von Öl durch Firmen aus dem Euro-Raum derzeit billiger, weil der Rohstoff in der amerikanischen Währung bezahlt wird. Angesichts der explodierenden Preise kann aber auch der günstige Kurs die Verteuerung der Spritpreise nicht verhindern. Die europäische Gemeinschaftswährung stieg am Mittwoch erstmals auf über 1,55 Dollar.
http://www.faz.net/s/RubD16E1F55D21144C4AE3F9DDF52B6E1D9/Doc~EC0BD01D122124CDFBC97B19C365EA802~ATpl~Ecommon~Scontent.html
 
Was jammern wir eigentlich.

70% des deutschen Import/Export erfolgt fast ausschliesslich zwischen den EU-Ländern.


Frankreich war im Jahr 2007 wie auch in den vergangenen 20 Jahren erneut wichtigster Handelspartner Deutschlands.

Wie das Statistische Bundesamt am Montag bekannt gab, wurden von Deutschland Waren im Wert von 93,9 Mrd. Euro (Anteil von 9,7 Prozent an den deutschen Gesamtsausfuhren) nach Frankreich exportiert, die Importe aus Frankreich lagen bei 64,9 Mrd. Euro (8,4 Prozent der deutschen Gesamteinfuhren). Die jährlichen Exporte nach Frankreich erreichen seit 1961 die höchsten Quoten an den gesamten deutschen Ausfuhren.


Auch die Rangfolge der nachfolgend 14 wichtigsten Bestimmungsländer für den deutschen Export blieb im Jahr 2007 gegenüber dem Vorjahr unverändert. Auf Frankreich folgten ausfuhrseitig die Vereinigten Staaten mit Waren im Wert von 73,4 Mrd. Euro (7,6 Prozent) und Großbritannien mit Waren für 71,0 Mrd. Euro (7,3 Prozent). Die Top 15 der Ausfuhrländer, worunter sich elf Staaten der Europäischen Union befinden, erhielten 73,6 Prozent (713,6 Mrd. Euro) aller deutschen Exporte.


Einfuhrseitig sicherten sich im Jahr 2007 die Niederlande mit 64,3 Mrd. Euro (8,3 Prozent) und China mit 54,6 Mrd. Euro (7,1 Prozent) die weiteren Plätze.

Die Top 15 der Einfuhrländer, worunter sich zehn Staaten der Europäischen Union befinden, lieferten 72,6 Prozent (561,1 Mrd. Euro) aller deutschen Importe.
(17.03.2008/ac/n/m)
 
„Es braucht eine konzertierte Aktion“
Ackermann ruft Regierungen zur Hilfe

Angesichts der internationalen Turbulenzen glaubt Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann nicht mehr allein an die Selbstheilungskraft der Finanzmärkte. Die Versorgung mit Liquidität reiche als Maßnahme nicht aus, sagte Ackermann.

Die Regierungen müssten Einfluss nehmen auf die Märkte: „Wir haben nicht die Zeit zu warten, bis der US-Häusermarkt über Jahre das Ungleichgewicht abbaut. Es braucht eine konzertierte Aktion von Banken, Regierungen und Notenbanken“, sagte Ackermann.

Forderung nach globaler Regulierungsbehörde

Außerdem bekräftigte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank seine Forderung nach einer globalen Regulierungsbehörde. „Global operierende Banken brauchen global operierende Aufsichtsbehörden“, sagte Ackermann. „Es kann nicht sein, dass wir uns weiter in nationalen Infights aufreiben“, so Ackermann in einer Analogie an den Boxsport.

Ackermann riet dazu, dass künftig ein „Rat der Weisen“ frühzeitig vor neuen Spekulationsblasen an den Finanzmärkten warnen solle. Die Zentralbanken hätten zwar in der Vergangenheit oft frühzeitig vor Gefahren gewarnt, das Platzen von Blasen aber nicht verhindern können. „Vielleicht braucht es da jemanden, der mehr Autorität hat“, sagte Ackermann.

Die Geschichte habe gezeigt, dass die meisten Finanzmarktkrisen aus geplatzten Spekulationsblasen resultierten, so Ackermann weiter. Im Gegensatz zu Lehrbuchweisheiten würden die anschließenden Korrekturen aber nicht graduell, sondern radikal mit hohen Kursschwankungen stattfinden. Der Kollaps des japanischen Immobilienmarktes habe gezeigt, dass es bis zu 15 Jahre dauern könne, bis die Investoren neues Vertrauen gefasst hätten. Ackermann erinnerte daran, dass eine einzelne Bank aus Wettbewerbsgründen nicht auf den Vertrieb bestimmter Finanzprodukte verzichten könne. Ein mit Praktikern besetzter „Rat der Weisen“ dagegen könne die Entwicklungen an den Finanzmärkten analysieren und prüfen, ob „irgendwo eine Bombe tickt“.

Auch Steinbrück fordert Schulterschluss der Akteure

Die schwere Finanzmarktkrise ist auch nach Worten von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück nur durch einen engen Schulterschluss von Politik, Zentralbank und Kreditbranche zu bewältigen. „Wir in Deutschland sind sehr stark darauf angewiesen, die gute Zusammenarbeit zwischen Politik, Bundesbank, den jeweiligen Bankenverbänden und Bankeninstituten so dicht zu halten, dass wir die Folgewirkungen minimieren können!, sagte der SPD-Politiker am Dienstag in Potsdam. „Wir haben es mit einer der größten Finanzkrisen in den letzten Jahrzehnten zu tun.“ Dass sie auch auf Deutschland ausstrahle, sei unverkennbar. „Auswirkungen auf die Realwirtschaft können nicht verleugnet werden.“ Die deutsche Wirtschaft habe aber die Chance, besser durch die Krise zu kommen als die amerikanische.

„Ich bin froh, dass es am Wochenende in den Vereinigten Staaten zu Maßnahmen gekommen ist, um diese krisenhaften Zuspitzungen einzudämmen“, sagte Steinbrück. Die notleidende amerikanische Investmentbank Bear Stearns war von ihrem Konkurrenten Morgan mit Hilfe der amerikanischen Notenbank Fed übernommen und damit vor einem Zusammenbruch gerettet worden. Die Krise hat nach Steinbrücks Worten ihren Ausgangspunkt zwar in den Vereinigten Staaten genommen, inzwischen aber auch andere Teile der Welt in Mitleidenschaft gezogen.

Finanzminister versucht Ängste zu dämpfen

Allzu große Ängste vor den Auswirkungen der Krise auf Deutschland versuchte Steinbrück zu dämpfen. Er sei aber weit davon entfernt, die Vorgänge zu verharmlosen. „Die richtige Nachricht ist, dass die deutsche Volkswirtschaft robuster aufgestellt ist als die amerikanische“, sagte er. Nach wie vor seien die ökonomischen Fundamentaldaten in Deutschland in Ordnung.

Daher bestehe Anlass zur Hoffnung, dass die deutsche Wirtschaft „diese krisenhafte Zuspitzung“ zumindest besser überstehe als die amerikanische. Immerhin habe das bisherige Krisenmanagement in Kooperation von Politik, Bundesbank und Finanzwirtschaft gut funktioniert. Steinbrück äußerte sich erstmals nach den Turbulenzen Ende vergangener und Anfang dieser Woche zur Finanzkrise und ihren Folgen.
http://www.faz.net/s/Rub0E9EEF84AC1E4A389A8DC6C23161FE44/Doc~E526AAA05E797452B8E6E6385C97D6379~ATpl~Ecommon~Scontent.html
 
USA schaden Weltwirtschaft
"Die Party ist vorbei"

Die Konjunkturkrise in den USA wird nach Einschätzung des ifo Instituts die gesamte Weltwirtschaft nach unten ziehen. "Was auch immer geschieht, die Party ist vorbei", schrieb der Chef des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Werner Sinn, in einem Beitrag zur Wirtschaftslage. Nachdem sich die USA immer mehr auf eine Rezession zubewegten, sei der Boom der Weltwirtschaft zu Ende. Mit einem Wachstum von rund fünf Prozent sei der jetzige Boom ungewöhnlich lang und gefestigt. "Eine Periode mit einer solch kräftigen Dynamik hat es etwa seit 1970 nicht mehr gegeben."

Die stärkere Position Asiens kann die Auswirkungen der Krise in den USA aus Sicht von Sinn nicht ausgleichen. Es sei eine Illusion zu glauben, dass eine Rezession in den USA keine Auswirkungen auf die Weltwirtschaft habe, da China nun an die Stelle der USA getreten sei. "Irgendwann wird es schon so sein, dass die Welt sich keinen Schnupfen mehr holt, wenn die USA niesen, aber so weit ist es noch lange nicht." Während die USA 28 Prozent zum Sozialprodukt der Welt beitragen, erzeuge China nur rund 5 Prozent. Ganz Asien steuere gerade einmal 24 Prozent bei, weniger als die USA allein.

Viele Jahre hätten in den USA über ihre Verhältnisse gelebt, mit einer Sparquote der Haushalte nahe bei null und Investitionen, die fast ausschließlich vom Ausland finanziert worden sind. Überall auf der Welt begriffen heute die Banken die schmerzliche Wahrheit, dass die Schulden, mit denen die Amerikaner ihren Konsumboom finanzierten, nicht notwendigerweise zurückgezahlt werden.

Die Folgen der Finanzkrise in den USA für die Banken sind aus Sicht von Sinn noch nicht im vollen Umfang ersichtlich. In diesem Frühjahr werde ein Teil der notwendigen Wertberichtigungen in den Büchern erscheinen. "Die ganze Wahrheit wird sich jedoch erst im Frühjahr 2009 zeigen, wenn die Jahresabschlüsse für das Jahr 2008 veröffentlicht werden."

Die Bemühungen der US-Notenbank, die Krise mit Zinssenkungen beizukommen, sieht Sinn skeptisch. Die Zentralbank könne die Banken nicht mit neuem Eigenkapital ausstatten, um damit der Kreditverknappung entgegen zu treten. Mehr sei hingegen von der Steuersenkung in Höhe von 150 Mrd. USD zu erwarten, die der US-Kongress jüngst beschlossen hat. Ob dies allerdings ausreiche, die drohende Rezession zu verhindern, bleibe abzuwarten.
http://www.n-tv.de/935611.html?180320081343
 
Amerikanische Geldpolitik
Die Fed ist zu nachsichtig mit Finanzakteuren
Von Chris Farrell

Die konjunkturellen Höhen und Tiefen sind in einem kapitalistischen System die Regel. Derzeit winden sich die amerikanische Notenbank (Fed) und - mit einer gewissen Verspätung - auch das amerikanische Finanzministerium, die Befürchtung auszusprechen, dass sich die derzeitige Kreditkrise an der Wall Street zu einem ausgeprägten wirtschaftlichen Abschwung oder sogar zu einer tiefen Depression auswachsen könnte.

Rekapitulieren wir, was die Fed in den vergangenen Monaten unternommen hat: Sie kappte den Leitzins um drei Prozentpunkte (einschließlich der Rücknahme um 75 Basispunkte am 18. März), pumpte enorme Liquidität in das Finanzsystem, etablierte einen Katalog von Finanzierungsmechanismen für amerikanische Großbanken (darunter die Term Auction Facility (TAF), Term Security Lending Facility (TSLF) und Primary Dealer Credit Facility (PDCF)) und mobilisierte außerordentliche Kräfte zur Rettung der Investmentbank Bear Stearns.

Amerikanische Zentralbank versucht das Finanzsystem auf Kosten der Steuerzahler zu retten
Der ungewöhnliche Aktionismus der Fed verfolgt einen klaren und eindeutigen Zweck. Im Jargon der Wall-Street-Wissenschaftler will die Fed eine Katastrophen-Situation („fat tail“) oder einen „Regimewechsel“ vermeiden. Mit anderen Worten: sie versucht, die Auflösung des Finanzsystems zu stoppen. Die intensiven Bemühungen der Fed zur Stützung des Finanzsystems sind verständlich, nachdem sich Rezessionsängste vom gesellschaftlichen Rand in die Machtzentren von Washington und New York verlagert haben. Für Ben Bernanke und Kollegen gab es keine echte Alternative.

Während sich die Vertreter der Fed um Schadensbegrenzung bemühen, die Finanzmärkte taumeln und die Steuerzahler bereits ausrechnen, welche Kosten ihnen durch die Rettungsaktionen entstehen werden, bleibt die bohrende Frage: Was ist mit den Wall-Street-Granden, die uns diesen Schlamassel eingebrockt haben? „Die Fed unterstützt weiterhin Großbanken, ohne grundlegende Bedingungen für ein verändertes Verhalten und Geschäftsgebaren zu stellen“, klagt Peter Morici, Professor an der Smith Business School der Universität von Maryland.

Nachfolgend einige zum Nachdenken anregende Zahlen: Nach Angaben der Aufsichtsbehörde von New York State haben in New York City ansässige Unternehmen der Wertpapierbranche zwischen 2002 und 2007 Mitarbeiterprämien im Volumen von insgesamt 137 Milliarden Dollar ausgezahlt. Im Jahr 2002 kassierten die Bosse der Wall-Street-Unternehmen Prämien in Höhe von 9,8 Milliarden Dollar, 2003 waren es 15,8 Milliarden Dollar, 2004 18,6 Milliarden Dollar, 2005 25,7 Milliarden Dollar, 2006 33,9 Milliarden Dollar und 2007 33,2 Milliarden Dollar.

Diese Jahre gelten als Glanzzeiten der Hedge-Fonds-Piraten, Private-Equity-Freibeuter, Analysten-Handlanger mit neun- und zehnstelligen Gehältern und anderer Finanzjongleure, die in alle Arten komplexer, hochriskanter Börsengeschäfte verwickelt waren, von denen sich nun viele als Flop erweisen, von fremdfinanzierten Übernahmen bis hin zu verbrieften Schuldtiteln.

Was für ein Geschäft! Financiers predigten das Evangelium des freien Marktes und kassierten nie dagewesene Geldsummen; wenn jedoch schwierige Zeiten heraufziehen, rufen sie nach dem Staat. „Märkte funktionieren nur dann, wenn die Marktteilnehmer das Risiko sowohl der positiven als auch der negativen Folgen zu tragen haben“, meint Raghuram Rajan, Wirtschaftswissenschaftler an der School of Business der Universität von Chicago und früherer Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds. „Als die Konjunktur brummte, sagten sie [die Finanzinstitute] 'Hände weg, stört unsere Kreise nicht' und 'Untersteht euch, uns zu regulieren', doch wenn sich die Dinge in die andere Richtung entwickelten, rufen sie 'Wir brauchen Hilfe'.

Finanzieller Denkzettel für Zocker: Eher die Ausnahme als die Regel
Allerdings ist nicht jeder ungeschoren davongekommen. Vor neun Monaten notierte die Aktie von Bear Stearns bei 150 Dollar. Am Wochenende kaufte JPMorgan Chase die krisengeschüttelte Investmentbank zu einem Preis von zwei Dollar je Aktie und vernichtete einen Großteil der Vermögenswerte der Mitarbeiter des Unternehmens.

Doch der finanzielle Denkzettel scheint eher die Ausnahme als die Regel zu sein. Als Stanley O'Neal letztlich seinen Vorstandsposten bei Merrill Lynch räumen musste, schied er mit Abfindungen und Aktien im Wert von mehr als 160 Millionen Dollar aus, während der frühere Citigroup-Chef Charles Prince seinen Hut mit einem Abfindungspaket von fast 70 Millionen Dollar nahm.
Regulierung ist notwendig

In unserem derzeitigen System ist es unmöglich, die Wall Street zur Herausgabe der immensen Summen zu verpflichten, die in den Boom-Jahren vereinnahmt wurden. Sobald die Krise ausgestanden ist, müssen die Aufsichtsbehörden daher ihre Prüfungen der Branche verschärfen und mehr Transparenz sowie eine stärkere Rechenschaftspflicht der Finanzinstitute einfordern. Das Pendel ist zu stark in die Richtung „alles ist möglich“ ausgeschlagen.

Die Arbeitsgruppe des amerikanischen Präsidenten in Finanzmarktbelangen, bestehend aus den Vorständen der Fed, der New York Federal Reserve Bank, der Börsenaufsichtsbehörde SEC und sonstigen finanzpolitischen Entscheidungsträgern und Regulierern, hat unlängst Empfehlungen zur Überprüfung von Hypothekenfinanzierungen herausgegeben. Diese Empfehlungen sind sicherlich ein guter Anfang. Es muss jedoch noch viel mehr geschehen. „Wenn die Aufsichtsbehörden jetzt erklären, dass die Investmentbanken in schlechten Zeiten einen guten Draht zur Fed hätten, dann muss die Fed auch in guten Zeiten geldpolitische Autorität über die Investmentbanken ausüben können“, so Rajan.

Wirtschaftswissenschaftler John Maynard Keynes beschrieb die Dynamik einer kapitalistischen Wirtschaft im Wesentlichen als Kampf zwischen der Verlockung finanzieller Sicherheit (oder „Hortung“) und dem unternehmerischen (oder „animalischen“) Instinkt. Wie in vielen anderen Lebensbereichen kommt es auch hier entscheidend auf ein gesundes Gleichgewicht an. Wir alle haben erfahren, dass eine übermäßige Deregulierung zu viel animalischen Instinkt freisetzt, der für die Gesundheit unserer Wirtschaft gefährlich werden kann. Die für die Finanzbelange unseres Landes verantwortlichen Männer und Frauen müssen daher ein Regulierungssystem etablieren, mit dem Innovationen gefördert und Rettungsaktionen vermieden werden. Insoweit kann ein wenig Moral Hazard viel bewirken.
Chris Farrell ist Redakteur bei BusinessWeek.
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