Ifo-Geschäftsklima-Index mit drittem Anstieg in Folge
von Henrik Voigt
Liebe Leserin, lieber Leser,
gestern hatte ich Ihnen die Konstruktion" eines Einkaufsmanagerindexes anhand von aktuellen Meldungen erläutert. Eine Art besonderer Einkaufsmanagerindex ist der ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland - ein weltweit vielbeachteter Konjunkturindikator. Er hat nicht wie üblich eine Basis bei 50, sondern bei 100. Und diese Basis zeigt nicht die Wachstumsschwelle an, sondern das Geschäftsklima des Jahres 2005. Alles über 100 Punkten zeigt also eine Verbesserung der Situation gegenüber dem Jahr 2005 an.
Das ifo Geschäftsklima wird seit 1972 regelmäßig monatlich veröffentlicht. Eine Besonderheit ist die Gewichtung der einzelnen Ergebnisse aus den Fragebögen nach der Firmengröße - die Antwort eines großen Unternehmens wird stärker gewichtet - und nach dem Branchengewichte im deutschen BIP - für die deutsche Wirtschaft wichtigere Branchen (etwa Automobile) werden stärker gezählt. Aus den Umfrage-Ergebnissen wird das ifo Geschäftsklima als Mittelwert aus den Teil-Ergebnissen zu den Fragen Aktuelle Geschäftslage" und Geschäftserwartungen" berechnet. Während die Lagekomponente eher gegenwartsorientiert ist, erlaubt die Erwartungskomponente Prognosen für die künftige Entwicklung.
Aber wie ist er denn nun ausgefallen, der ifo-Index, der gestern gemeldet wurde? Und was lässt sich daraus ableiten?
Der ifo-Index ist im Juli leicht von 105,9 auf 106,2 Punkte gestiegen (Erwartung: 106,1 Punkte). Wir stehen also besser da als im Jahr 2005 (wow!). Wichtiger ist der Umstand, dass es sich um den dritten Anstieg in Folge handelt. Denn dies gilt als Zeichen für eine Trendwende zum Besseren. Die jetzige Lage wurde besser bewertet: Der Index stieg von 109,4 auf 110,1 Punkte (Erwartung: 109,7 Zähler). Die Erwartungskomponente enttäuschte hingegen etwas. Sie fiel von 102,5 auf 102,4 Zähler (Erwartung: 102,5 Punkte).
Trotz leicht verbessertem Indexstand sind die Veränderungen nicht wirklich groß. Die Erwartungen für die kommenden sechs Monate haben sich sogar minimal abgeschwächt. Die Unternehmen blicken aber nach wie vor verhalten optimistisch in die Zukunft. Wir sehen seit dem 4. Quartal 2012 eine Stabilisierung auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Ein neuer Aufschwung ist bisher nicht in Sicht. Er wird erst Realität, wenn die Erwartungskomponente einen steilen Anstieg aufweist. Und der ist nach wie vor leider nicht zu erkennen. Die Chance dazu ist aber vorhanden und die unmittelbare Rezessionsgefahr sinkt mit jedem Monat, wo sich der ifo-Index wacker schlägt. Und das ist angesichts der sonst eher mauen Konjunkturaussichten in Europa schon wieder eine gute Nachricht.
Wenn ich mir allerdings einen MDAX kurz vor neuen Allzeithochs anschaue, dann stelle ich mir die Frage: Preist die Börse vielleicht schon einen künftigen Aufschwung ein? Nehmen Sie die zuletzt guten Wirtschaftsdaten und stellen Sie den Zusammenhang mit der Abkehr von der Sparpolitik auf dem G20-Gipfel am Wochenende her, dann hätten wir erstmals seit drei Jahren mit den richtigen Anschubmaßnahmen die Chance, aus dem konjunkturellen Abschwung herauszukommen. Und das wäre dann schon eine Sensation. Gerade für einen charttechnisch und fundamental ausgerichteten Analysten wie mich, der Ihnen in den letzten Jahren von der Seite der Konjunkturindikatoren nicht viel Positives berichten konnte, ohne wie Andere ins Schönreden zu verfallen.