New York, Düsseldorf. Auch wenn der Bitcoin
in den letzten Tagen des Jahres schwächelt, auf Jahressicht ist die älteste und wichtigste Kryptowährung um mehr als 120 Prozent gestiegen. Damit schlägt der Bitcoin das zweite Jahr in Folge andere Anlageklassen wie Aktien, Anleihen und Edelmetalle.Doch die Entwicklung ist noch lange nicht zu Ende. Das glaubt zumindest André Dragosch. Der Researchchef des Kryptoemittenten Bitwise sagt: „Der Bitcoin war dieses Jahr die erfolgreichste Assetklasse, und ich glaube, dass sich das wiederholen wird.“ Sein Kursziel fürs Jahresende 2025 liegt bei 200.000 Dollar – und damit gehört er noch nicht einmal zu den größten Optimisten.So erwartet Tom Lee, Mitgründer des Analysehauses Fundstrat, sogar einen Anstieg auf 250.000 Dollar, ebenso Arjun Vija von der indischen Kryptobörse Giottus. Gegenüber dem aktuellen Stand wäre das noch einmal mehr als eine Verdopplung.Ihren Optimismus begründen die Experten damit, dass die beiden wichtigsten Kurstreiber des Jahres 2024 auch im neuen Jahr stark bleiben werden. Das sind erstens die börsengehandelten Indexfonds, die den Bitcoin-Kurs direkt abbilden. Diese „Bitcoin-Spot-ETFs“ sind seit dem Januar 2024 in den USA zugelassen. Seitdem gibt es ein flexibles und unkompliziertes Produkt, das die Zahl der potenziellen Investoren deutlich vergrößert hat – und den Kurs antreibt.
Denn die ETFs sind direkt mit Bitcoin hinterlegt. Fließt von Anlegern also mehr Geld in die ETFs, als andere abziehen, müssen die ETFs dafür Bitcoin kaufen. Da jeden Tag allerdings nur 400 neue Bitcoin geschürft werden, sorgen starke Zuströme in die ETFs für einen Nachfrageüberhang. Der Kurs muss also steigen, um Bitcoin-Halter zu Verkäufen zu bewegen, damit genügend Angebot entsteht.Im vergangenen Jahr kauften allein die Bitcoin-ETFs zweieinhalbmal so viele Bitcoins, wie neue entstanden sind, hat Bitwise-Experte Dragosch ausgerechnet. Unter dem Strich flossen mehr als 30 Milliarden Dollar in die Spot-ETFs – und das war erst der Anfang, glaubt Dragosch: „Wir glauben, dass diese Marke im nächsten Jahr noch einmal erreicht wird.“Das klingt optimistisch, allein ist Dragosch mit dieser Rechnung aber nicht. Bruno Sousa, der beim Kryptovermögensverwalter Hashdex das Geschäft in Europa und den USA leitet, sagt: „Wir gehen davon aus, dass die potenziellen Zuflüsse in Krypto-ETFs im kommenden Jahr 24 Milliarden US-Dollar übersteigen werden.“
Grundannahme für diese Berechnungen ist, dass immer mehr institutionelle Investoren Geld in Bitcoin investieren werden. Hashdex-Experte Sousa meint: „Nach einigen wichtigen Durchbrüchen im Jahr 2024 glauben wir, dass 2025 das Jahr sein wird, in dem Kryptowährungen vollständig von der breiten Masse angenommen werden.“
Das würde unweigerlich zu einem Kursanstieg führen, weil eine deutlich höhere Nachfrage auf ein quasi fixes Angebot treffen würde. Denn beim Bitcoin ist festgelegt, dass es maximal 21 Millionen Bitcoins geben kann. Fast 20 Millionen sind bereits geschürft.
Ein Treiber der Adaption der Profianleger könnte der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrocksein, der selbst den größten Bitcoin-ETF besitzt. Das Blackrock Investment Institute (BII), ein Research-Arm des Vermögensverwalters, rät Investoren, nicht nur Aktien und Anleihen im Portfolio zu haben, sondern empfiehlt zur besseren Risikostreuung einen Bitcoin-Anteil von ein bis zwei Prozent im Depot.Durch den starken Kursanstieg des Bitcoins wäre das in den vergangenen beiden Jahren renditeoptimierend gewesen – auch für deutsche Anleger: Wer am Anfang des Jahres ein Portfolio hatte, das zu 60 Prozent aus einem ETF auf den breit streuenden Weltindex MSCI All World Country bestand und zu 40 Prozent aus einem ETF auf kurz laufende Staatsanleihen aus Euro-Ländern, hätte damit eine Rendite von 16,8 Prozent erzielt. Wer einen einprozentigen Bitcoin-Anteil beigemischt hätte, wäre aber auf eine Rendite von 18,2 Prozent gekommen – also eine Outperformance von 1,4 Prozentpunkten.Bitcoin verbesserte das Risiko-Rendite-Verhältnis im PortfolioProfessor Volker Brühl, Geschäftsführer des Center for Financial Studies in Frankfurt, erklärt daher: „Der Bitcoin verbessert das Risiko-Rendite-Verhältnis im Portfolio. Solange das so bleibt, werden immer mehr institutionelle Investoren den Bitcoin beimischen.“ Schließlich hätten diese jetzt ein liquides Asset, das kaum mit Fundamentaldaten korreliert und das man über den Derivatemarkt absichern könne.Die Adaption der institutionellen Investoren könnte sich durch den zweiten Kurstreiber des Jahres 2024 noch verstärken: die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Am 20. Januar wird er im Weißen Haus den bisherigen Präsidenten Joe Biden ablösen.
Unter Biden wurde die Branche streng reguliert. Die Börsenaufsicht SEC verklagte eine Reihe von großen und kleinen Unternehmen der Kryptowelt. Trump ging dagegen im Wahlkampf offensiv auf die Kryptowelt zu und versprach bei einer großen Bitcoin-Konferenz in Nashville transparente regulatorische Leitlinien.Details sind noch keine bekannt. Trump ernannte jedoch den Investor und früheren Paypal-Vorstand David Sacks zum Krypto- und KI-Zar. Damit hat die Branche zum ersten Mal einen direkten Draht ins Weiße Haus. Außerdem wird der kryptofreundliche Paul Atkins den kryptokritischen Gary Gensler als SEC-Chef ablösen. Auch das Repräsentantenhaus und der Senat sind so kryptofreundlich wie noch nie. Die Kryptolobby hat im Wahlkampf mehr gespendet als jede andere Branche und konnte somit vielen Kandidaten zu Sitzen im Kongress verhelfen.Markus van de Weyer, Geschäftsführer des Kryptovermögensverwalters Alpha Beta Asset Management, glaubt daher: „Die kommende Kryptoregulierung in den USA wird den Markt weiter beflügeln.“
Denn Trump will auch eine nationale Bitcoin-Reserve aufbauen, ähnlich wie die vorhandenen Reserven für Öl und Gold. Einen Gesetzentwurfder republikanischen Senatorin Cynthia Lummis aus Wyoming gibt es bereits. Sie schlägt vor, dass die USA über fünf Jahre hinweg jährlich jeweils 200.000 Bitcoin kaufen sollten. Damit würden die USA der Analyseseite Bitcointreasurieszufolge ihren Bitcoin-Bestand versechsfachen. Der bisherige besteht im Wesentlichen aus im Rahmen von Cyberkriminalität beschlagnahmten Coins.
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