Deutsche Wohnen AG - Klassiker unter Wohnungs AG’s wird
von der Börse abgestraft
Werner Rohmert, Herausgeber "Der Immobilienbrief",
Immobilienspezialist "Der Platow Brief"
Die einst renommierte Tochter der Deutschen Bank, die Deutsche Wohnen AG
(DW AG), die in den 90ern quasi als „Fonds im Aktienmantel“ an die Börse gebracht
wurde, gerät immer mehr unter die Räder. Der gerade veröffentlichte Verzicht auf
eine Dividende führte zu weiterem Kursverlust. In der Summe zeigt sich, dass unsere
Kritik aus Juli und Dezember 2007 von den Anlegern übernommen wird. Wir monierten
im Juli, dass über den teuren Zusammenschluss mit der Gehag die Aktie in
eine andere Risikoklasse wandere und
im Dezember den dann noch
überraschenderen Bewertungsschub des Berlin-Portfolios auf die
18-fache Nettojahresmiete.
Da wir nie Seriositätszweifel hatten, beließen
wir es bei der Kritik, obwohl uns Backgroundgespräche im Dezember
in der Berliner Szene mit eigenen Wohnungsinvestitionen im dreistelligen
Millionenbereich p.a. zwar das anhaltende Interesse an großen
Portfolios auch zu hohen Preisen bestätigten, jedoch bezogen auf den
Immobilienwert die Bewertung zur 18-fachen „eher umgangssprachlich“
beurteilte. Weitere Recherchen haben inzwischen ergeben, dass im Moment
auch die Portfolionachfrage in Berlin für richtig gute Ware bei der 15,x-fachen Netto-Jahresmiete stoppt. Berücksichtigt man
dann noch die Fremdfinanzierung, relativiert sich der vom DW AG Management monierte
hohe Abschlag vom NAV deutlich. Wir sind übrigens ebenso wie Fortress-
Chef Mattias Moser der Meinung, dass der NAV, der oft noch unterschiedlich ermittelt
wird, keine sinnvolle Methode zur Beurteilung einer Immobilien AG ist.
Inzwischen sind wir uns bei der DW AG auch nicht mehr sicher, ob der Wechsel des
Hauptaktionärs nicht auch strategische Konsequenzen in der Geschäftspolitik zur
Folge hat. Hierzu müsste die Interessenlage von Oaktree (24%) offener liegen. Die
Aktionärsstruktur insgesamt mit weiteren 26% aufgeteilt auf 6 Aktionäre (je größer
3%) und ca. 38% weiteren in- und ausländischen institutionellen Aktionären könnte
die verbleibenden ca. 12% Privataktionäre weiter verunsichern.
Darüber hinaus vermuten wir, dass der Anleger nicht versteht, dass das erst seit 3 bis
4 Jahren neue Wohnungsportfolio-Geschäft ein völlig eigenes Geschäft ist, dass mit
dem Einzelwert von Wohnungen nur noch wenig zu tun hat. (siehe folgenden Artikel
Wohnungsgeschäft im Wandel – warum sind tausende Wohnungen
pro Quadratmeter teurer als eine Wohnung?
Werner Rohmert, Herausgeber "Der Immobilienbrief",
Immobilienspezialist "Der Platow Brief"
Speziell auch ältere Wohnungsfachleute stellen sich die Frage: „Warum sind tausende
Wohnungen pro qm teuerer als eine Wohnung, bzw. 100 Häuser im Durchschnitt
teurer als ein Haus?“ Bis vor 3 oder 4 Jahren war die Welt noch in Ordnung. Auf große
Bestände mussten deutliche Abschläge gegenüber dem Einzelwert hingenommen
werden. Einfache Wohnungen z.B. aus Werkswohnungsbeständen kosteten zwischen
der 15- und 20-fachen Jahresmiete. Portfolios kosten die 10- bis 12-fache der
weniger. Grund: Der Einzelverkauf von Wohnungen zur Realisierung von Gewinnen
z.B. durch Aufteiler kostete auf Grund der Vertriebskosten, Aufteilungskosten und der
nötigen Investitionen zum Aufhübschen sehr viel Geld (mind. 20 bis 30%).
Heute dagegen liegt der Markt für Einzelwohnungen bei völlig unbewegten Preisen in
weiten Regionen immer noch brach, aber die Durchschnittswerte pro qm von
Portfolien in AG’s liegen oft bei 850 bis über 1 000 Euro pro qm. Das Berlin-
Portfolio der Deutsche Wohnen AG ist z. B. sogar mit der 18-fachen bewertet (s.o.).
Das ist oft gleichviel oder sogar mehr als für vergleichbare Einzelwohnungen oder
Häuser – bei oft weniger als 5 Euro Miete - bezahlt wird. Der Grund für die Portfolio-
Höchstpreise liegt darin, dass in den letzten Jahren institutionelle Anleger und Immo
AG’s nach Cash Flow suchten, der entweder direkt und möglichst non recourse oder
über Verbriefungen finanzierbar war. Bei Zinsen auf historischem Tief eigneten sich
große Wohnungsportfolios, die oft trotz immobilienwirtschaftlicher Probleme in der
Lage waren, einen planerisch stabilen cash flow abzuwerfen.
Zunächst war der deutsche Markt von den Einkäufen internationaler Investoren und
mancher AG’s überrascht, so dass günstige Preise oft noch unter der 10fachen Netto-
Jahresmiete bezahlt wurden. Langsam setzte sich die Erkenntnis durch, dass
ein Investor, der 8 bis 10% Cash Flow einkauft und die zu 90% mit 4 bis 5% ohne
persönliche Haftung (non recourse) refinanziert, allein aus der Zinsdifferenz
nach Verwaltung 30 bis 50% EK-Rendite generieren kann. Darüber hinaus bietet
bei jedem großen und korrekt analysierten Portfolio das „beste Drittel“ gute Einzelverwertungschancen.
Dadurch konnten Gewinne erzielt werden, aus denen das EK zurück
bezahlt werden konnte - wenn dies nicht zuvor schon als „Fee“ getan worden
war - und die gleichzeitig als Maßstab für Werterhöhungen genommen wurden.
Diese völlig risikolose Chance, EK-Renditen jenseits der 20% zu generieren ließ die
Preise steigen. Dadurch wurden die Gewinne immer höher und das Geschäft wurde
immer attraktiver, so dass die Preise weiter stiegen. Gleichzeitig stiegen aber die Zinsen.
Damit stößt das Geschäft an die Grenzen. Die Frage ist einfach, ob das Portfoliogeschäft
langfristig ein eigenes vom Einzelwohnungspreis gelöstes Geschäft
bleibt, oder ob ihm bei höheren Zinsen die Luft ausgeht.
Wenn das Portfoliogeschäft irgendwann wieder genauso uninteressant wird wie in
den letzten 60 Jahren vor 2004, dann droht ein Bewertungs- und Finanzierungsdesaster
ersten Ranges. So bleibt also zu hoffen, dass die Zinsen unten bleiben oder
die Wohnungspreise die im intern. Vergleich längst verdiente Preisralley starten.
„Der Immobilienbrief“-Fazit: Auch auf heutigem Kursniveau sind Immobilienaktien
noch nicht gegen einen worst case abgesichert, während auf der positiven Seite die
immobilien- und finanzwirtschaftlichen Chancen noch nicht auszumachen sind.