Hans A. Bernecker: Also doch!
Nach Gerüchten von heute Morgen aus Frankfurt erwartet man von EZB-Chef Draghi entweder in seiner geplanten Rede vor dem Bundestag oder in der nächsten Sitzung des EZB-Rates die Ankündigung, statt Bonds auch Aktien zu kaufen. Das wär's dann wohl.
Diese Version hatten wir bereits vor etwa vier Wochen ins Spiel gebracht. Sie beruht auf der Erkenntnis, dass die EZB nicht genügend Bonds ankaufen kann, weil die Banken nicht bereit sind, sie zu verkaufen. Für die Banken sind Staatsanleihen zurzeit die beste bzw. sicherste Geldanlage, selbst wenn es Minuszinsen darauf geben sollte. Im Schnitt mögen es 0 % sein.
Andere Anleihen, so Unternehmens-Anleihen oder gesicherte Immobilien-Kredite, können ebenfalls nicht akquiriert werden. Aus gleichem Grund: Auch diese gelten immer noch als hinreichend sicher gegenüber jeder weiteren Alternative.
Der Kauf von Aktien wäre ein völlig neuer Weg, aber immerhin hat die Schweizer Nationalbank schon größere Bestände in Aktien aufgebaut. Sie diversifiziert ihre hohen Währungsreserven, meist mit inländischen Bluechips, aber auch einigen Europa-Titeln. Eine genaue Quote gibt es nicht.
Die EZB kann sich nur im Europa-Rahmen bewegen. Dafür kommen dann ca. 50 bis 60 Titel in Frage, die in der Qualität ausreichen könnten und würden, als Zentralbank-Asset akzeptiert zu werden.
In Paris wären wohl 12 bis 15 Titel zu akzeptieren, in Mailand nur mit Mühe 4 bis 5, im DAX jedoch deutlich mehr, nämlich gut 20 Werte. Ergänzt durch einige Varianten in Spanien oder den Niederlanden käme man dann auf die genannte Zahl. Ganz fixe Rechner denken so, was wir mit Vorbehalt weitergeben:
Die EZB soll mit diesen Käufen den Petro-Dollar-Fonds die Stücke abnehmen, die sie zurzeit aus Geldmangel vorsichtig abgeben. Über die Volumina kann man sich ebenfalls streiten, aber es lässt sich schätzen. Im deutschen DAX kämen etwa 150 bis 160 Mrd. Euro in Frage. Im CAC (Paris) so um 60 bis 65 Mrd. Euro und im sonstigen Rest ebenfalls die gleiche Zahl. Das gab es mit Sicherheit noch nie, aber pfiffig wäre es schon. Denn:
Was die Scheichs in 40 Jahren aufgebaut haben, müssen sie demnächst stückchenweise wieder verkaufen oder abbauen. Nimmt die EZB dieses Material auf, ergäbe sich für die europäische Liquiditätsversorgung kein Vorteil, aber wohl sicher eine Stabilisierung der labilen Märkte, die seit Bekanntgabe dieser Pläne vor gut einem Jahr und nach dem Abschalten des Geldhahns der FED sozusagen über dem Markt hängen.
Eine solche Zentralbank-Politik ist Männern der EZB durchaus zuzutrauen. Als typische romanische Bankiers setzen sie alles daran, den Märkten möglichst so viel Liquidität wie möglich zuzuführen, wenn dies irgendwie die jeweiligen Wirtschaften stützt. Direkt über die Bond-Kurse via Banken, was bislang nur unzureichend funktioniert.
Beim Aktienkauf fließt das Geld an die Ölscheichs und kommt nie wieder. Doch die Stabilisierung der Aktienmärkte eröffnet die Möglichkeit, dass die Kapitalbeschaffung via Neuemissionen besser zu organisieren ist. Die Privatisierungspläne in Paris und Rom sind ein Indiz dafür. Ob der Bund sich von den Restbeständen der Dt. Telekom und der Dt. Post trennen würde, muss man offenlassen. Doch insgesamt:
Nach glaubwürdigen Studien wird das Volumen aller Reprivatisierungen auf 800 Mrd. Euro geschätzt. Selbst Autobahnen gehören dazu. Wird dieses Geld nicht für KiTas oder Rentenerhöhungen verarbeitet, lägen in sinnvollen Investitionen dieser Größenordnung weitaus deutlichere Konjunkturanstöße als im Kauf von Bonds.
In New York kursieren ähnliche Gerüchte, worüber wir bereits berichtet hatten. Für das Emissionsvolumen gibt es fast keine Grenzen. Auch 10 Bio. Dollar wären machbar. Dieses Geld in Infrastruktur zu investieren, ergäbe ein gigantisches Konjunkturprogramm und weitaus mehr als der Flug zum Mond oder Mars oder sonstige Phantasien. Fest steht jedenfalls:
Mit dem Ankauf von Bonds/Staatsanleihen lässt sich keine positive Wirtschaftsentwicklung gestalten.