Dunkle Wolken ziehen am Anleihenmarkt auf
Ramschanleihen gehen weg wieder warmen Semmeln, doch Experten warnen: “Man kann eine Weile in diesem höchst überschwänglichen Zustand bleiben. Aber wenn sich das Blatt wendet, dann geht das schnell und es wird sehr hässlich.”
Dies sind gesegnete Zeiten für eine nachlässige Haltung gegenüber den Risiken von Hochzinsanleihen. Hier drei Beispiele, die veranschaulichen, wie problemlos die Dinge in der Welt der Schuldpapiere laufen.
Anleihekäufer haben Ecuador, dessen sozialistischer Präsident während der Finanzkrise die Zahlungen auf die Auslandsschulden gestoppt und Gläubiger als die “wahren Monster” bezeichnet hatte, im vergangenen Monat 2 Mrd. Dollar gegeben.
Das Interesse an der Anleiheemission von Clear Channel Communications Inc. im Mai war so groß, dass der Rundfunksender, dessen Bonitätsnoten mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Zahlungsausfall implizieren, sein Emissionsvolumen auf 850 Mio. Dollar mehr als verdoppelten konnte.
Und in Griechenland, wo die Regierung in den letzten vier Jahren zwei Rettungspakete benötigte, beschaffte Hellenic Petroleum SA im Juni 325 Mio. Euro. Die Anleihekäufer waren so enthusiastisch, dass ihre Orders eine Milliarde Euro überschritten.
“Es erscheint definitiv so, als ob die Anleger höchst überschwänglich werden”, sagt Fred H. Senft Jr., Direktor Analyse Festverzinsliche und Aktien bei der Key Private Bank in Cleveland. “Man kann eine Weile in diesem höchst überschwänglichen Zustand bleiben. Aber wenn sich das Blatt wendet, dann geht das schnell und es wird sehr hässlich.”
Nachdem sich die Leitzinsen der Federal Reserve bereits im sechsten Jahr nahe null befinden und Zentralbanken von Frankfurt bis Tokio beispiellose Konjunkturimpulse eingeführt haben, kann so ziemlich jeder Kreditnehmer Kapital bekommen. Dabei werden wenige Fragen gestellt - obwohl die Weltbank den Ausblick für das weltweite Wachstum nach unten korrigiert hat.
Der Wert der Hochzinsanleihen im Bank of America Merrill Lynch Global High Yield Index ist auf mehr als 2 Billionen Dollar angeschwollen. Zwölf Jahre hatte es gedauert, bis dieser Ende 1997 aufgelegte Index die Marke von 1 Billion Dollar erreichte, und nur vier weitere, um eine weitere Billion Dollar hinzuzufügen. Dieses Jahr wurden bereits Anleihen bonitätsschwacher Emittenten im Wert von etwa 340 Mrd. Dollar platziert. Damit sind die Emittenten auf einem guten Weg, das Rekordvolumen von 477 Mrd. Dollar aus 2013 zu übertreffen.
Anleger sagen, sie hätten keine andere Wahl als immer riskantere Papiere zu kaufen, um überhaupt einen Ertrag zu generieren. Sie lassen sich von den niedrigen Ausfallraten bei Hochzinsanleihen blenden und sehen so nicht das potenzielle Pulverfass, das vor ihnen liegt.
Die Warnungen mehren sich. Fed-Chefin Janet Yellen sagte im Juni, das “Renditejagd-Verhalten” stimme sie besorgt. Nach Aussage des Vize-Gouverneurs der Bank of England, Charlie Bean, erinnert die Lage “unheimlich” an die Vorkrisenära. Und Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret warnte vor versteckten Risiken - trotz ruhiger Märkte. ,
Es ist jedoch nicht schwierig nachzuvollziehen, warum die Anleger sich so sorglos zeigen. Die US-Notenbank hat im Rahmen ihres Anleihekaufprogramms mehr als drei Billionen Dollar in die Weltwirtschaft gepumpt, während die EZB ihren Einlagensatz im Juni auf minus 0,1 Prozent gesenkt hat und rund eine Billion Dollar an Notfallkrediten für die Banken bereitstellte. Japans Zentralbank kauft im Rahmen ihrer quantitativen Lockerung derweil Anleihen für über rund sieben Billionen Yen pro Monat auf.
Bisher haben die Junkbonds den Anlegern satte Gewinne gebracht. Seit dem Höhepunkt der Finanzkrise von 2008 haben Investoren in Hochzinsanleihen einen Ertrag von 157 Prozent erzielt, zeigen Indizes von Bank of America Merrill Lynch. Das ist mehr als die 123 Prozent bei den Aktien im MSCI All- Countries World Index.
Die Freigebigkeit der Notenbanken führt dazu, dass Kreditnehmer, die andernfalls Pleite gegangen wären, fällige Schulden ablösen und die Laufzeiten verlängern konnten. Die weltweite Ausfallquote fiel im Mai auf 2,3 Prozent, zeigen jüngste Daten von Moody’s. Die Ratingagentur im nächsten Jahr mit einem Anstieg auf 2,4 Prozent, das wäre aber in etwa nur halb so hoch wie der historische Schnitt von 4,7 Prozent.
Und angesichts des hohen Interesses der Anleger an den Hochzinsanleihen können die Kreditnehmer immer stärker die Bedingungen diktieren. In den USA sind erstmals mehr als die Hälfte der als “Ramsch” eingestuften Darlehen “covenant- light”. Das bedeutet, sie wurden unter erleichterten Auflagen an Unternehmen vergeben. Der übliche Gläubigerschutz wie beispielweise eine Begrenzung der Schuldenaufnahme im Verhältnis zum Gewinn fehlt.
Der Tag der Abrechnung dürfte bereits absehbar sein. Bei Schuldnern mit einem “Ramsch"-Rating werden in den nächsten fünf Jahren Verbindlichkeiten im Umfang von 737 Mrd. Dollar fällig. Den Höhepunkt wird das Jahr 2018 markieren, wo die Fälligkeiten den höchsten Stand seit kurz nach der Finanzkrise erreichen werden, erklärte Moody’s in einem Bericht vom 4. Februar.
Dennoch akzeptieren die Anleger immer niedrigere Renditen als Entschädigung für das Risiko, das sie mit den Hochzinsbonds eingehen. Die Rendite der Junkbonds ist laut Indexdaten von Bank of America Merrill Lynch von einem Rekordhoch bei 23,2 Prozent Ende 2008 auf ein Rekordtief von 5,6 Prozent im Juni gefallen.
‘‘Viel extremer kann es nicht werden’’, kommentierte Martin Fridson, Vermögensverwalter bei Lehmann, Livian, Fridson Advisors LLC in New York. Die Renditen sind seiner Einschätzung nach rund zwei Prozentpunkte zu niedrig. ‘‘Die Renditen sind sehr gering und wir befinden uns in einer Periode der finanziellen Repression.’’
(Bloomberg)