Mittwoch, 20. Januar 2010
Die bevorstehende Immobilienkrise in Spanien und welche Auswirkungen sie auf Europa haben wird
Spaniens Immobiliencrash steckt noch in den Kinderschuhen
Die wirtschaftlichen Nöte in Europas PIGS-Staaten (ein Akronym für Portugal, Italien, Griechenland und Spanien) haben in der letzten Zeit Schlagzeilen gemacht, wie elliottwave.com berichtet. Griechenlands ökonomischer Sinkflug hat bis zu diesem Zeitpunkt die meiste mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen, jedoch gibt es wahrscheinlich noch eine weitere Ökonomie, die sich auf einem Sprungbrett befindet: Spanien.
Erst jetzt beginnt sich die reale wirtschaftliche Situation auf allen Radaren abzuzeichnen. Als sich die gesamte Aufmerksamkeit noch auf die Entwicklung der Immobilienpreise konzentrierte, schien die Lage in Spanien relativ stabil: im Laufe des vergangenen Jahres sind die Häuserpreise um lediglich 9 Prozent gesunken.
Wie die Bank HSBC mitteilte: „
Der derzeitige Preisverfall liegt in Spanien bislang deutlich unterhalb des Absturzes vom ehemaligen Hochpunkt bis zum erreichten Tiefpunkt in Großbritannien oder dem Rückgang der Preise in Höhe von insgesamt 32 Prozent an den US-Häusermärkten.
Dieser Umstand lässt sich angesichts der dominierenden Stellung des Immobilienmarktes in der spanischen Wirtschaft nur schwierig erklären.”
Bei genauerer Betrachtung ist die Beurteilung der aktuellen Lage jedoch gar nicht so schwierig. Die spanischen Banken halten nahezu alle Grundstücke und Objekte. Ihre Handlungsweise beruht auf nichts anderem als einer Wiederholung ihrer Strategie aus den frühen 1990iger Jahren, als die lokalen Banken an ihren Grundstücksportfolios festhielten, bis erneut eine wirtschaftliche Erholung einsetzte, die es ihnen in der Folge erlaubte, diese Grundstücke zu einem akzeptablen Preis abzustoßen. Diese Strategie macht absoluten Sinn – denn wenn dieses Handeln schon einmal funktionierte, warum soll man es dann nicht noch einmal auf gleiche Weise ausprobieren?
Das heutige Kardinalproblem basiert allerdings auf der Tatsache, dass Spaniens einstmals belastbarer Häusermarkt wahrscheinlich dabei ist zu verdampfen.
Die Bank von Spanien hat die Geschäfts- und Lokalbanken dazu angewiesen, die Kapitalsummen zu verdoppeln, die sie zur Bildung von Reserven zur Seite legen müssen, um etwaige Verluste aus wieder in Besitz genommenen Grundstücken und Häuser besser abzufedern. Da an Liquidität jedoch nur schwer heranzukommen ist, bleibt den Banken nichts anderes übrig, als ihre Grundstücke zu verkaufen.
Schätzungen der spanischen Großbank BBVA im Monat Juni ergaben, dass die Immobilienpreise im Jahr 2009 um 10% und im Jahr 2010 um weitere 12% sinken würden, womit sich der insgesamt zu beklagende Rückgang auf 30% vom ehemals erreichten Hoch- bis zum Tiefpunkt beliefe.
Eine erneute Überprüfung dieser geschätzten Zahlen im Dezember hat nicht zu einer Revision dieser Prognose geführt. Wir sind alle Zeugen des verheerenden Absturzes der Immobilienpreise in Höhe von mehr als 30 Prozent in den USA geworden und wissen heute um dessen Auswirkungen. Stellen Sie sich vor, was ein derartiger Rückgang in einem Land anrichten könnte, das bereits unter der zweithöchsten Arbeitslosenquote unter den Ländern der Eurozone leidet (knapp 20%, zweithöchste Quote nach Lettland), dessen Kreditausblick auf negativ herabgestuft wurde und dessen Haushaltsdefizit bereits im Jahr 2009 fünfmal höher als im Vorjahr gewesen ist. Erinnern Sie sich auch daran, dass Spanien die fünftgrößte Ökonomie innerhalb der Eurozone stellt, die auf Basis ihres lebhaften und einstmals wachsenden Immobiliensektors eine vitale Intra-Eurozonenquelle der Nachfrage für exportabhängige Märkte wie Deutschland gewesen ist.
Falls Spaniens heimisches Finanzsystem noch instabiler wird, als es ohnehin bereits ist, werden die Schockwellen sowohl an den Vermögens- wie auch Interbankenmärkten spürbar sein. Um in einer globalen Wirtschaft, die derart turbulent ist, seine europäischen Investments abzusichern, bedarf es deshalb einer stetigen Evaluierung im Hinblick auf die Marktbewegungen in der gesamten Eurozone.
Anm.: Wie auch Charles Dumas bereits im Interview mit Bloomberg erwähnte, fokussiert sich ein Großteil der medialen Aufmerksamkeit momentan unmittelbar auf die horrenden finanziellen Probleme Griechenlands, wobei Spanien und andere Pleitekandidaten wie Portugal, Irland oder Italien nahezu unter den Tisch zu fallen drohen. Was wird erst passieren, wenn die Hütte richtig brennt, und die regional vor sich hin lodernden Feuerherde sich zu einem Flächenbrand innerhalb der Europäischen Union ausbreiten, um selbst die Kernländer der Eurozone in eine ökonomische Schieflage zu versetzen? Wer sich die ökonomischen Probleme Spaniens vergegenwärtigen möchte, liest nochmals "Spanische Banken beginnen mit dem Abladen ihrer Immobilienportfolios" oder "Ratingagentur Moody´s erneuert Crash-Warnung für spanischen Bankensektor"
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Mittwoch, 20. Januar 2010
Charles Dumas: „Die Eurozone wird auseinanderbrechen. Umso länger die PIGS in der EU bleiben, desto härter wird ihr ökonomischer Bust ausfallen.“
Bloomberg News führte gestern ein sehr interessantes Interview mit Charles Dumas von Lombard Street Research, der sich vollkommen überzeugt davon zeigte, dass ein Auseinanderfallen der Eurozone zukünftig nicht zu verhindern sein wird…Folgendes hatte er im Detail zu berichten:
Moderatorin: Uns heute besuchend, um über die Probleme von Griechenland zu sprechen, und was diese Probleme für Auswirkungen auf den Euro haben werden, ist Charles Dumas. Er ist Direktor der Abteilung für internationale Kapitalmarktanalysen bei Lombard Street Research. Ich wünsche Ihnen einen guten Morgen.
Charles Dumas: Guten Morgen.
Moderatorin: Jean-Claude Trichet hat jüngst verlauten lassen, dass es eine irrwitzige Annahme sei, dass Griechenland die Eurozone unter Umständen verlassen wird. Sie denken jedoch nicht, dass das eine solch absurde Idee ist?
Charles Dumas: Nein, nein, das ist alles überhaupt nicht absurd. Wenn ich in seiner Position wäre, würde ich auch behaupten, dass ein derartiger Gedanke absurd ist, auch wenn ich wüsste, dass es das nicht ist. Wenn eine ganze Menge Leute damit beginnen zu protestieren, dann bedeutet dies für gewöhnlich, dass sich Probleme am Horizont abzeichnen.
Moderatorin: In der Tat. Können Sie uns vielleicht in Kürze erklären, warum sich Griechenland in einer derart schlechteren wirtschaftlichen Verfassung befindet als Irland oder Spanien? Ist das überhaupt so?
Charles Dumas: Nun, sicherlich keine schlechtere Verfassung als Spanien. Sowohl Griechenland als auch Spanien wuchsen sehr rasant im Zuge eines in den vergangenen Jahren künstlich ausgelösten Booms durch niedrige Zinsraten, was sie über eine gewisse Periode in eine Liga mit Deutschland, Frankreich und den Benelux-Staaten beförderte. Sie wuchsen einfach zu schnell, und jetzt sehen sich die beiden Länder konfrontiert mit überbordenden Budgetdefiziten.
Im Falle von Spanien ist das Budgetdefizit niedriger [im Vergleich mit Griechenland], die offizielle Arbeitslosenquote ist dafür jedoch weitaus höher. Die spanische Arbeitslosenquote entwickelte sich in nur zweieinhalb Jahren von rund 8 Prozent auf nunmehr fürchterliche 19%. Dadurch wurden die erreichten ökonomischen Fortschritte aus den letzten 12 Jahren ausradiert. Es ist schlichtweg ein Desaster.
Moderatorin: Warum spricht sich Deutschland eigentlich derart hartnäckig dagegen aus, Griechenland die Erlaubnis zu erteilen, die Währungsunion zu verlassen? Wollen sie die gesamte Eurozone retten, und Griechenland im Verbund halten?
Charles Dumas: Ganz einfach. Weil Deutschland nicht zugeben will, dass man falsch liegt. Das Land ist stark engagiert in die Bestrebungen, eine politische Union in Europa aufzubauen. Ein Schritt, der an der ökonomischen Front in vollkommen falscher Richtung gestartet wurde. Deutschland ist sich dessen sehr wohl bewusst. Man wollte die Union sowohl politisch als auch ökonomisch vorantreiben, allerdings waren dem Land die Hände durch Frankreich gebunden. Nun befinden wir uns mehr und mehr in einer Situation, in der sich diese artifizielle Anbindung von Ländern wie Griechenland, Spanien, Portugal und Italien an die Kernländer der Europäischen Union, namentlich Deutschland, Frankreich und die Benelux-Staaten, in einem Auflösungsprozess befindet.
Moderatorin: Also basieren diese gesamten Bestrebungen Ihrer Meinung nach auf einem Fehler?
Charles Dumas:
Oh, ja. Das gesamte Konzept ist ein Fehltritt. Griechenland, Spanien und Irland wurden in den vergangenen zehn Jahren durch niedrige Zinsen wirtschaftlich stimuliert, was zu einem künstlich erzeugten schnellen Wachstum in diesen Ländern führte. Nun jedoch stecken sie fest und sind gefangen wie Hänsel und Gretel. Aber anders als bei Hänsel und Gretel wird es keine Zauberei zum Entkommen aus dieser Situation geben.
Moderatorin: Die EU-Finanzminister treffen sich heute in Brüssel. Was werden sie sagen, was können sie uns sagen, um die Situation zu verbessern?
Charles Dumas: Oh, das ist alles äußerst simpel. Was passieren muss, ist, entweder Griechenland zu erklären, dass das Land die Währungsunion verlassen muss oder irgendjemand wird eine Menge Geld auf den Tisch legen müssen, und meine persönliche Meinung basiert zu 99% auf dem Glauben, dass sie dieses Geld aufbringen werden, um die sichtbaren Risse erst einmal zu kitten.
Moderatorin: Können die Mitglieder noch lange damit fortfahren, auf diese Weise zu handeln? Über welchen Zeitrahmen sprechen wir hier? Kann man Griechenland einen Bailout liefern, um ihm zu erlauben, in der Eurozone zu verbleiben?
Charles Dumas: Nun, es ist doch alles so offensichtlich. Sie zeigen sich in diesen Dingen sehr entschlossen. Genau genommen sind doch alle diese Länder der mediterranen Hemisphäre bereits vor vier bis fünf Jahren dafür reif gewesen, die Union zu verlassen. Zurückblickend auf die Jahre vor 2007 wurde künstliches ökonomisches Wachstum erzeugt, was half, die bestehenden Probleme zu übertünchen. Nun zeigt sich die Krise jedoch mit voller Härte. Vielleicht kann man sich Zeit erkaufen. Ich weiß es nicht. Eines ist sicher: umso länger dieser Zustand anhalten wird, desto schmerzhafter wird das ultimative Verlassen der Union für diese Länder werden.
Moderatorin: Sie sind also der Meinung, dass diese Länder die Union definitiv verlassen werden?
Charles Dumas: Ich habe darüber keinerlei Zweifel. Diese Ökonomien gehören ganz einfach nicht zusammen. Und wirklich jedermann weiß das. Es ist kein Geheimnis.
Moderatorin: Charles Dumas, wir bedanken uns.