Donnerstag, 16. Februar 2012
Immobilien
Immobilienmarkt: Im Höhenrausch
Die Wohnimmobilienpreise in den begehrten Lagen der Metropolen sind in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Nicht zuletzt die Euro-Sorge treibt die Anleger in die Backsteinanlage. Droht in Deutschland eine Immobilienblase?
Immobilienblase: Hafencity
Jens Schubert kann es noch immer nicht fassen. Vor fünf Jahren hat er in einem Neubauprojekt in guter Lage von Hamburg eine Eigentumswohnung erworben. Die Drei-Zimmer-Wohnung ist für seine wachsende Familie mittlerweile zu klein geworden. Beim Vergleich der Angebote im Internet stellt er fest, dass die Quadratmeterpreise in seinem Viertel seitdem um 30 Prozent angezogen haben. Der Verkaufserlös seiner Wohnung reicht aus, um ohne zusätzliche Mehrbelastung ein kleines Einfamilienhaus am Stadtrand zu erwerben.
Derart rasante Anstiege der Immobilienpreise für Neubauten und begehrte Stilaltbauten sind in den vergangenen Jahren in vielen zentralen Lagen der deutschen Metropolen zu beobachten gewesen. Sei es Prenzlauer Berg in Berlin, Hamburg-Winterhude und -Eppendorf, oder Münchens begehrte Trendlagen wie Haidhausen oder das Glockenbachviertel – um nur einige Beispiele zu nennen. Die Nachfrage der Käufer ist enorm, das Angebot kann nicht Schritt halten.
Rasanter Anstieg in Metropolen
Diese Entwicklung weist auch der Immobilienindex (IMX) des Portals Immobilienscout24 aus, das regelmäßig die Angebotspreise von Immobilien analysiert. Demnach sind vor allem die Preise für Neubauwohnungen deutlich geklettert, und dies sogar im deutschlandweiten Durchschnitt. Sie verzeichneten innerhalb von zwölf Monaten ein Plus von 5,3 Prozentpunkten (Stichtag Ende November 2011).
Für Wohnhäuser wurde ein Zuwachs von 1,8 Prozentpunkten verbucht, für Bestandswohnungen von einem Prozentpunkt. Deutlich zeigen sich die Preiszuwächse beim Blick auf einzelne Metropolen. So legte das Niveau für Neubauwohnungen in Hamburg nach den Ergebnissen des IMX innerhalb eines Jahres um ganze 11,3 Prozentpunkte zu, für München liegt der Anstieg bei 9,9 Prozentpunkten. In Köln wurde ein Plus von 4,1 Prozentpunkten über zwölf Monate verbucht.
Seite 2: Kann der rasante Zuwachs nachhaltig sein? [1]
Für Berlin, das zuvor deutliche Preisanstiege verzeichnete, weist der IMX dagegen einen Rückgang um 4,6 Prozentpunkte aus. „Die Angebotspreise für Neubauwohnungen in Berlin waren bis Anfang 2011 massiv angestiegen. Diese Preisübertreibungen wurden im Laufe des Jahres korrigiert“, erläutert Michael Kiefer, Leiter Immobilienbewertung bei Immobilienscout24.
Alles in allem rasante Zuwächse, die die Frage aufwerfen, wie es weitergeht und ob diese Entwicklung nachhaltig ist. Viele Marktteilnehmer berichten, dass in einzelnen Trendvierteln die Neubaupreise in den vergangenen Jahren um 30 Prozent und mehr in die Höhe geschnellt sind.
Kann man also in Teilbereichen bereits von einer Preisblase sprechen? „Eindeutig nein, denn die Fundamentalwerte sind insgesamt in Ordnung“, sagt Dr. Thomas Beyerle, Managing Director und Head of Corporate Social Responsibility & Research bei der Bonner IVG Immobilien AG. „Mit anderen Worten: Eine Preisblase entsteht erst, wenn ein Markt ,überverkauft‘ ist, also irrationale Preissteigerungen aufzeigt, denen ein realer Bezug fehlt.
Die aktuellen Preiszuwächse sind das Resultat von immer mehr Zuzügen in die Metropolregionen, Investitionen von Spekulanten, die auf steigende Mieten setzen, und einem Schuss ,Euro-Neurose‘ – also Tausch von Geldvermögen gegen Backsteine.“ Spannend sei auch zu beobachten, dass etliche Investments aus Vermögen beglichen werden und damit ohne Kreditfinanzierung durch Banken.
Dr. Stefan Mitropoulos, Researchleiter der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), Fankfurt, schätzt die Lage ähnlich ein. „Von einer Preisblase am deutschen Wohnimmobilienmarkt kann man generell noch nicht sprechen.
Tatsache ist jedoch, dass es in Teilen des Marktes – insbesondere in den dynamischen Ballungsräumen – erstmals seit vielen Jahren zu spürbar steigenden Preisen gekommen ist“, betont er. Dies habe aber längst nicht das Ausmaß erreicht wie in vielen anderen Ländern vor der Finanzkrise.
Im Gegenteil: „Angesichts der jahrelangen Seitwärtsbewegung bei den Preisen am deutschen Wohnungsmarkt seit Ende des Wiedervereinigungsbooms Mitte der 90er-Jahre besteht hier noch ein gewisser Nachholbedarf.“ Zu dieser Einschätzung kommen auch die Landesbausparkassen (LBS). Sie haben in 2011 einen deutlichen Preiszuwachs auch bei Bestandsimmobilien beobachtet.
Demnach kletterten die Preise für gebrauchte Eigenheime um drei Prozent, für Eigentumswohnungen sogar im Schnitt um rund fünf Prozent. Furcht vor einer Preisblase sei dennoch völlig unbegründet, so LBS-Verbandsdirektor Hartwig Hamm, „denn noch immer sind die Preise günstig, im Schnitt bleiben sie hinter den Werten des Jahres 2000 um mehr als zehn Prozent zurück.“
Seite 3: Deutschland weist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern Nachholbedarf bei den Immobilienpreisen auf [2]
Dass der deutsche Immobilienmarkt im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch ein moderates Preisniveau aufweist, zeigt auch eine Studie von DB Research. Während die Immobilienpreise etwa in Spanien und Irland vor Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 deutlich zugelegt hatten, war das Niveau in Deutschland bis 2006 sogar rückläufig, erst danach erfolgte ab 2007 ein leichter Anstieg. Nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigen die Indikatoren für Wohnimmobilienpreise in Deutschland im Mittel immer noch eine Unterbewertung von rund zehn Prozent an.
Heimische Gefilde sind somit weit entfernt von den sprunghaften Anstiegen manch anderer europäischer Länder vor der Finanzkrise von 2008. Trotzdem sind in den zentralen Lagen mancher Standorte die Preise der Mietentwicklung davongaloppiert. Immobilienscout24 hat einen Bubble-Indikator entwickelt, der solche Übertreibungen anzeigen soll. Er weist aus, ob sich Mieten und Kaufpreise an einem Standort unterschiedlich entwickeln.
Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede. „In Frankfurt etwa haben sich die Miet- und Kaufpreise fast gleichmäßig nach oben bewegt“, so Kiefer. Dies führt in der Summe zu einer relativ stabilen Mietrendite. In Berlin dagegen hätten sich aufgrund des starken Mietwachstums auch die Renditen erhöht.
Anders sieht es laut Kiefer in München aus: „Dort sind die Kaufpreise zuletzt überdurchschnittlich stark gestiegen, sodass die Mieten im selben Zeitraum nicht vollständig folgten konnten.“ Dadurch sei die Rendite am Münchener Wohnimmobilienmarkt abermals gesunken und steuere auf ein alarmierend niedriges Niveau zu.
In Hamburg sei die Lage ähnlich, wenn auch nicht so drastisch. Renditeorientierten Investoren bieten sich somit gute Perspektiven in Frankfurt und Berlin, während Anleger in München und Hamburg teilweise deutlich gesunkene Mietrenditen in Kauf nehmen müssen.
Schere zwischen den Regionen
Wenn auch die Zeichen auf weitere Preissteigerungen stehen, erfasst der Aufwärtstrend längst nicht alle Standorte in Deutschland. Denn der Immobilienmarkt ist schon seit Jahren gespalten. „Zwischen einzelnen Regionen innerhalb Deutschlands bestehen große Unterschiede am Wohnungsmarkt.
In vielen vor allem ländlichen Gebieten wirkt sich bereits die demografische Entwicklung negativ aus. Dort schrumpft die Bevölkerungszahl und entsprechend auch die Nachfrage nach Wohnraum spürbar“, berichtet Mitropoulos.
Seite 4: Kein Ende des Wachstums in Sicht [3]
Gute Wachstumsperspektiven haben dagegen nicht nur die wirtschaftlich prosperierenden Metropolen, sondern auch deren unmittelbares Umfeld. „In Metropolregionen wie Frankfurt oder München nimmt die Zahl der Einwohner und auch die Zahl der Haushalte in den kommenden Jahren weiter zu“, so Mitropoulos. Einer regen Nachfrage nach Wohnraum stehe hier eine in den vergangenen Jahren drastisch gesunkene Neubauaktivität gegenüber.
Laut Mitropoulos ist ein Ende dieser Entwicklung nicht in Sicht, da zu wenig Neubau erfolgt. „Da in den dynamisch wachsenden Ballungsräumen seit Jahren der Bedarf an neuen Wohnungen nicht gedeckt wurde, sind die nun beobachteten Preissteigerungen durchaus fundamental begründet.“
Hinzu kämen historisch niedrige Hypothekenzinsen, die hohe Unsicherheit an den Finanzmärkten sowie gestiegene Inflationsängste in der deutschen Bevölkerung. Immerhin gibt es erste Signale, dass der Wohnungsbau wieder anzieht. Nach einer Schätzung der Landesbausparkassen (LBS) ist die Zahl der Baugenehmigungen in 2011 um 20 Prozent auf rund 225.000 Wohneinheiten geklettert.
Für 2012 prognostiziert Hamm ein weiteres Wachstum um knapp fünf Prozent auf 235.000 Genehmigungen. „Das ist der Aufholprozess, den wir hierzulande dringend benötigen, um neue Engpässe zu vermeiden“, betont er. Da die Fertigstellungszahlen den Genehmigungen traditionell erst mit einer gewissen Verzögerung folgen, ist nach Schätzung der LBS auch in der Bilanz 2011 noch nicht mit einem Ergebnis oberhalb von 200.000 Wohneinheiten zu rechnen, immerhin liege es aber deutlich über dem bisherigen Tiefpunkt von 2009 mit lediglich 159.000 Wohnungen.
Dass der Wohnungsbau in Deutschland in den letzten Jahren viel zu weit unter die Normallinie gefallen und der Bedarf deutlich höher war, zeigt laut LBS auch der internationale Vergleich: So liege die Bundesrepublik im Jahr 2011 mit zwei neu gebauten Wohnungen auf 1.000 Einwohner in Europa fast am Tabellenende.
Demgegenüber sei in fast allen direkten Nachbarländern die Neubau- Intensität mindestens doppelt so hoch wie in Deutschland. „Es gibt zahlreiche Engpass-Städte, in denen der Neubau nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, und die Mieten deutlich steigen“, bestätigt Dr. Reiner Braun, Geschäftsführer der Empirica AG, Berlin. Dazu zählten München, Hamburg, Berlin, Köln und Düsseldorf.
Auch in Ostdeutschland lässt sich die Kluft zwischen den Regionen nach Aussage von Braun beobachten. „Die Spaltung verläuft nicht zwischen Ost und West, sondern zwischen Wachstumsregionen und schrumpfenden Regionen“, betont er. So würden etwa Jena und Potsdam bereits Wohnungsnot verzeichnen.
Seite 5: Auch Immobilien an wirtschaftlich starken B-Standorten bieten aussichtsreiche Investments [4]
Neben den bekannten Wachstumszentren Dresden und Leipzig wiesen zudem auch Weimar und Erfurt prosperierende Immobilienmärkte auf. Kapitalanleger sollten sich somit auf Metropolregionen oder wirtschaftlich starke B-Standorte [5] konzentrieren. Die Frage ist jedoch, ob der starke Preisanstieg in den Großstädten einen vorläufigen Endpunkt erreicht hat.
Nach Ansicht von Beyerle ist das Ende der Wachstumsspirale noch nicht in Sicht: „In der Summe müssen wir von weiter steigenden Wohnimmobilienpreisen in den zentralen Lagen innerhalb der Ballungsräume ausgehen. Das findet aber vorerst ein Ende, sobald man an die Stadtränder kommt.“
Im Umland komme davon mit Ausnahme der Region München und des Rhein- Main-Gebiets dagegen kaum etwas an.
Höchstens kleine Bläschen
Auch Braun sieht die Voraussetzungen für eine weiter steigende Nachfrage gegeben. „Der Grund für das starke Wachstum der Metropolen ist die überregionale Zuwanderung. Die Menschen ziehen dorthin, wo es gute Arbeitsmarktperspektiven gibt“, erläutert er. Diese Entwicklung werde sich fortsetzen.
Nach Ansicht von Kiefer ist jedoch in manchen Vierteln der Metropolen der Zenit vorerst erreicht. „Wir beobachten aktuell, dass in vielen Top-Städten die teilweise massiven Preissteigerungen der letzten Monate vorbei sind. Die Preisobergrenzen scheinen dort erreicht zu sein. Es ist in einigen Teilmärkten, wie zum Beispiel in München oder Hamburg, sicherlich zu Übertreibungen gekommen. Vor allem im hochpreisigen Neubaubereich wurden und werden teilweise Quadratmeterpreise aufgerufen, die völlig abgekoppelt von der Entwicklung des regionalen Mietniveaus sind“, gibt er zu bedenken.
Daher gilt: Investoren sollten nicht ausschließen, dass es in diesen Bereichen auch wieder zu Preiskorrekturen kommen kann. Ohnehin sind Neubau- Eigentumswohnungen des hochpreisigen Segments aufgrund der in der Regel niedrigen Mietrendite meist nicht erste Wahl für eine Kapitalanlage. „Möglicherweise gibt es in einzelnen Trendvierteln der Metropolen kleine ‚Preisbläschen‘, aber ein genereller Preiseinbruch am Wohnimmobilienmarkt ist keinesfalls in Sicht“, relativiert Braun. „Im Gegenteil: Es sind weitere Steigerungen zu erwarten. Die Euro-Inflationsangst treibt die Nachfrage und es herrscht vielfach ein zu geringes Angebot.“
Seite 6: Trotz der Preissteigerungen rational handeln [6]
Auch die Mieten werden sich nach Einschätzung von Braun weiterhin aufwärts entwickeln: „Wir haben im vergangenen Jahr einen deutlichen Anstieg der Mietpreise in den Ballungsräumen beobachtet und rechnen damit, dass sie auch in den kommenden ein bis drei Jahren weiter anziehen“, ist er überzeugt.
Grundregeln beachten
Wenn auch die Aussichten für weitere Preissteigerungen in vielen Metropolen gut sind, sollten Interessenten trotzdem nicht blind kaufen. Entscheidend für die Frage, ob sich ein Investment für Kapitalanleger an einem Standort lohnt, ist zunächst die Frage, ob die Mieten gleichermaßen wachsen wie das Preisniveau. In München und Hamburg war dies im vergangenen Jahr in den begehrten Lagen nicht der Fall. Anleger, die dort kaufen, müssen sich daher mit einer deutlich niedrigeren Mietrendite zufriedengeben als an anderen Standorten.
Dass die Nachfrage dennoch so groß ist, liegt daran, dass es an alternativen Anlagemöglichkeiten an den Kapitalmärkten mangelt und die Käufer auf künftige Wert- und Mietsteigerungen setzen. Neben den guten Perspektiven eines Standorts und einer Mikrolage sollte letztlich die Analyse der jeweiligen Immobilie den Ausschlag für die Investitionsentscheidung des Anlegers geben. In diese Bewertung fließen viele weitere Faktoren wie Zustand und Schnitt des Objekts mit ein. Denn nicht jede an einem gefragten Markt angebotene Immobilie ist automatisch ein guter Kauf.
„Die Kapitalanleger agieren derzeit etwas hysterisch. Auch wenn es gute Anlagechancen gibt, sollte die einzelne Immobilie genau unter die Lupe genommen und nicht zu einem überhöhten Preis gekauft werden“, mahnt Braun. Wer diese Grundregel beherzigt und auf ein vernünftiges Verhältnis zwischen Preis und erzielbarer Mieteinnahme achtet, hat auch in den Metropolen gute Chancen auf ein ertragreiches Investment.
Text: Barbara Kösling, Cash.
Immobilien
Immobilienmarkt: Im Höhenrausch
Die Wohnimmobilienpreise in den begehrten Lagen der Metropolen sind in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Nicht zuletzt die Euro-Sorge treibt die Anleger in die Backsteinanlage. Droht in Deutschland eine Immobilienblase?
Immobilienblase: Hafencity
Jens Schubert kann es noch immer nicht fassen. Vor fünf Jahren hat er in einem Neubauprojekt in guter Lage von Hamburg eine Eigentumswohnung erworben. Die Drei-Zimmer-Wohnung ist für seine wachsende Familie mittlerweile zu klein geworden. Beim Vergleich der Angebote im Internet stellt er fest, dass die Quadratmeterpreise in seinem Viertel seitdem um 30 Prozent angezogen haben. Der Verkaufserlös seiner Wohnung reicht aus, um ohne zusätzliche Mehrbelastung ein kleines Einfamilienhaus am Stadtrand zu erwerben.
Derart rasante Anstiege der Immobilienpreise für Neubauten und begehrte Stilaltbauten sind in den vergangenen Jahren in vielen zentralen Lagen der deutschen Metropolen zu beobachten gewesen. Sei es Prenzlauer Berg in Berlin, Hamburg-Winterhude und -Eppendorf, oder Münchens begehrte Trendlagen wie Haidhausen oder das Glockenbachviertel – um nur einige Beispiele zu nennen. Die Nachfrage der Käufer ist enorm, das Angebot kann nicht Schritt halten.
Rasanter Anstieg in Metropolen
Diese Entwicklung weist auch der Immobilienindex (IMX) des Portals Immobilienscout24 aus, das regelmäßig die Angebotspreise von Immobilien analysiert. Demnach sind vor allem die Preise für Neubauwohnungen deutlich geklettert, und dies sogar im deutschlandweiten Durchschnitt. Sie verzeichneten innerhalb von zwölf Monaten ein Plus von 5,3 Prozentpunkten (Stichtag Ende November 2011).
Für Wohnhäuser wurde ein Zuwachs von 1,8 Prozentpunkten verbucht, für Bestandswohnungen von einem Prozentpunkt. Deutlich zeigen sich die Preiszuwächse beim Blick auf einzelne Metropolen. So legte das Niveau für Neubauwohnungen in Hamburg nach den Ergebnissen des IMX innerhalb eines Jahres um ganze 11,3 Prozentpunkte zu, für München liegt der Anstieg bei 9,9 Prozentpunkten. In Köln wurde ein Plus von 4,1 Prozentpunkten über zwölf Monate verbucht.
Seite 2: Kann der rasante Zuwachs nachhaltig sein? [1]
Für Berlin, das zuvor deutliche Preisanstiege verzeichnete, weist der IMX dagegen einen Rückgang um 4,6 Prozentpunkte aus. „Die Angebotspreise für Neubauwohnungen in Berlin waren bis Anfang 2011 massiv angestiegen. Diese Preisübertreibungen wurden im Laufe des Jahres korrigiert“, erläutert Michael Kiefer, Leiter Immobilienbewertung bei Immobilienscout24.
Alles in allem rasante Zuwächse, die die Frage aufwerfen, wie es weitergeht und ob diese Entwicklung nachhaltig ist. Viele Marktteilnehmer berichten, dass in einzelnen Trendvierteln die Neubaupreise in den vergangenen Jahren um 30 Prozent und mehr in die Höhe geschnellt sind.
Kann man also in Teilbereichen bereits von einer Preisblase sprechen? „Eindeutig nein, denn die Fundamentalwerte sind insgesamt in Ordnung“, sagt Dr. Thomas Beyerle, Managing Director und Head of Corporate Social Responsibility & Research bei der Bonner IVG Immobilien AG. „Mit anderen Worten: Eine Preisblase entsteht erst, wenn ein Markt ,überverkauft‘ ist, also irrationale Preissteigerungen aufzeigt, denen ein realer Bezug fehlt.
Die aktuellen Preiszuwächse sind das Resultat von immer mehr Zuzügen in die Metropolregionen, Investitionen von Spekulanten, die auf steigende Mieten setzen, und einem Schuss ,Euro-Neurose‘ – also Tausch von Geldvermögen gegen Backsteine.“ Spannend sei auch zu beobachten, dass etliche Investments aus Vermögen beglichen werden und damit ohne Kreditfinanzierung durch Banken.
Dr. Stefan Mitropoulos, Researchleiter der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), Fankfurt, schätzt die Lage ähnlich ein. „Von einer Preisblase am deutschen Wohnimmobilienmarkt kann man generell noch nicht sprechen.
Tatsache ist jedoch, dass es in Teilen des Marktes – insbesondere in den dynamischen Ballungsräumen – erstmals seit vielen Jahren zu spürbar steigenden Preisen gekommen ist“, betont er. Dies habe aber längst nicht das Ausmaß erreicht wie in vielen anderen Ländern vor der Finanzkrise.
Im Gegenteil: „Angesichts der jahrelangen Seitwärtsbewegung bei den Preisen am deutschen Wohnungsmarkt seit Ende des Wiedervereinigungsbooms Mitte der 90er-Jahre besteht hier noch ein gewisser Nachholbedarf.“ Zu dieser Einschätzung kommen auch die Landesbausparkassen (LBS). Sie haben in 2011 einen deutlichen Preiszuwachs auch bei Bestandsimmobilien beobachtet.
Demnach kletterten die Preise für gebrauchte Eigenheime um drei Prozent, für Eigentumswohnungen sogar im Schnitt um rund fünf Prozent. Furcht vor einer Preisblase sei dennoch völlig unbegründet, so LBS-Verbandsdirektor Hartwig Hamm, „denn noch immer sind die Preise günstig, im Schnitt bleiben sie hinter den Werten des Jahres 2000 um mehr als zehn Prozent zurück.“
Seite 3: Deutschland weist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern Nachholbedarf bei den Immobilienpreisen auf [2]
Dass der deutsche Immobilienmarkt im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch ein moderates Preisniveau aufweist, zeigt auch eine Studie von DB Research. Während die Immobilienpreise etwa in Spanien und Irland vor Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 deutlich zugelegt hatten, war das Niveau in Deutschland bis 2006 sogar rückläufig, erst danach erfolgte ab 2007 ein leichter Anstieg. Nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigen die Indikatoren für Wohnimmobilienpreise in Deutschland im Mittel immer noch eine Unterbewertung von rund zehn Prozent an.
Heimische Gefilde sind somit weit entfernt von den sprunghaften Anstiegen manch anderer europäischer Länder vor der Finanzkrise von 2008. Trotzdem sind in den zentralen Lagen mancher Standorte die Preise der Mietentwicklung davongaloppiert. Immobilienscout24 hat einen Bubble-Indikator entwickelt, der solche Übertreibungen anzeigen soll. Er weist aus, ob sich Mieten und Kaufpreise an einem Standort unterschiedlich entwickeln.
Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede. „In Frankfurt etwa haben sich die Miet- und Kaufpreise fast gleichmäßig nach oben bewegt“, so Kiefer. Dies führt in der Summe zu einer relativ stabilen Mietrendite. In Berlin dagegen hätten sich aufgrund des starken Mietwachstums auch die Renditen erhöht.
Anders sieht es laut Kiefer in München aus: „Dort sind die Kaufpreise zuletzt überdurchschnittlich stark gestiegen, sodass die Mieten im selben Zeitraum nicht vollständig folgten konnten.“ Dadurch sei die Rendite am Münchener Wohnimmobilienmarkt abermals gesunken und steuere auf ein alarmierend niedriges Niveau zu.
In Hamburg sei die Lage ähnlich, wenn auch nicht so drastisch. Renditeorientierten Investoren bieten sich somit gute Perspektiven in Frankfurt und Berlin, während Anleger in München und Hamburg teilweise deutlich gesunkene Mietrenditen in Kauf nehmen müssen.
Schere zwischen den Regionen
Wenn auch die Zeichen auf weitere Preissteigerungen stehen, erfasst der Aufwärtstrend längst nicht alle Standorte in Deutschland. Denn der Immobilienmarkt ist schon seit Jahren gespalten. „Zwischen einzelnen Regionen innerhalb Deutschlands bestehen große Unterschiede am Wohnungsmarkt.
In vielen vor allem ländlichen Gebieten wirkt sich bereits die demografische Entwicklung negativ aus. Dort schrumpft die Bevölkerungszahl und entsprechend auch die Nachfrage nach Wohnraum spürbar“, berichtet Mitropoulos.
Seite 4: Kein Ende des Wachstums in Sicht [3]
Gute Wachstumsperspektiven haben dagegen nicht nur die wirtschaftlich prosperierenden Metropolen, sondern auch deren unmittelbares Umfeld. „In Metropolregionen wie Frankfurt oder München nimmt die Zahl der Einwohner und auch die Zahl der Haushalte in den kommenden Jahren weiter zu“, so Mitropoulos. Einer regen Nachfrage nach Wohnraum stehe hier eine in den vergangenen Jahren drastisch gesunkene Neubauaktivität gegenüber.
Laut Mitropoulos ist ein Ende dieser Entwicklung nicht in Sicht, da zu wenig Neubau erfolgt. „Da in den dynamisch wachsenden Ballungsräumen seit Jahren der Bedarf an neuen Wohnungen nicht gedeckt wurde, sind die nun beobachteten Preissteigerungen durchaus fundamental begründet.“
Hinzu kämen historisch niedrige Hypothekenzinsen, die hohe Unsicherheit an den Finanzmärkten sowie gestiegene Inflationsängste in der deutschen Bevölkerung. Immerhin gibt es erste Signale, dass der Wohnungsbau wieder anzieht. Nach einer Schätzung der Landesbausparkassen (LBS) ist die Zahl der Baugenehmigungen in 2011 um 20 Prozent auf rund 225.000 Wohneinheiten geklettert.
Für 2012 prognostiziert Hamm ein weiteres Wachstum um knapp fünf Prozent auf 235.000 Genehmigungen. „Das ist der Aufholprozess, den wir hierzulande dringend benötigen, um neue Engpässe zu vermeiden“, betont er. Da die Fertigstellungszahlen den Genehmigungen traditionell erst mit einer gewissen Verzögerung folgen, ist nach Schätzung der LBS auch in der Bilanz 2011 noch nicht mit einem Ergebnis oberhalb von 200.000 Wohneinheiten zu rechnen, immerhin liege es aber deutlich über dem bisherigen Tiefpunkt von 2009 mit lediglich 159.000 Wohnungen.
Dass der Wohnungsbau in Deutschland in den letzten Jahren viel zu weit unter die Normallinie gefallen und der Bedarf deutlich höher war, zeigt laut LBS auch der internationale Vergleich: So liege die Bundesrepublik im Jahr 2011 mit zwei neu gebauten Wohnungen auf 1.000 Einwohner in Europa fast am Tabellenende.
Demgegenüber sei in fast allen direkten Nachbarländern die Neubau- Intensität mindestens doppelt so hoch wie in Deutschland. „Es gibt zahlreiche Engpass-Städte, in denen der Neubau nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken, und die Mieten deutlich steigen“, bestätigt Dr. Reiner Braun, Geschäftsführer der Empirica AG, Berlin. Dazu zählten München, Hamburg, Berlin, Köln und Düsseldorf.
Auch in Ostdeutschland lässt sich die Kluft zwischen den Regionen nach Aussage von Braun beobachten. „Die Spaltung verläuft nicht zwischen Ost und West, sondern zwischen Wachstumsregionen und schrumpfenden Regionen“, betont er. So würden etwa Jena und Potsdam bereits Wohnungsnot verzeichnen.
Seite 5: Auch Immobilien an wirtschaftlich starken B-Standorten bieten aussichtsreiche Investments [4]
Neben den bekannten Wachstumszentren Dresden und Leipzig wiesen zudem auch Weimar und Erfurt prosperierende Immobilienmärkte auf. Kapitalanleger sollten sich somit auf Metropolregionen oder wirtschaftlich starke B-Standorte [5] konzentrieren. Die Frage ist jedoch, ob der starke Preisanstieg in den Großstädten einen vorläufigen Endpunkt erreicht hat.
Nach Ansicht von Beyerle ist das Ende der Wachstumsspirale noch nicht in Sicht: „In der Summe müssen wir von weiter steigenden Wohnimmobilienpreisen in den zentralen Lagen innerhalb der Ballungsräume ausgehen. Das findet aber vorerst ein Ende, sobald man an die Stadtränder kommt.“
Im Umland komme davon mit Ausnahme der Region München und des Rhein- Main-Gebiets dagegen kaum etwas an.
Höchstens kleine Bläschen
Auch Braun sieht die Voraussetzungen für eine weiter steigende Nachfrage gegeben. „Der Grund für das starke Wachstum der Metropolen ist die überregionale Zuwanderung. Die Menschen ziehen dorthin, wo es gute Arbeitsmarktperspektiven gibt“, erläutert er. Diese Entwicklung werde sich fortsetzen.
Nach Ansicht von Kiefer ist jedoch in manchen Vierteln der Metropolen der Zenit vorerst erreicht. „Wir beobachten aktuell, dass in vielen Top-Städten die teilweise massiven Preissteigerungen der letzten Monate vorbei sind. Die Preisobergrenzen scheinen dort erreicht zu sein. Es ist in einigen Teilmärkten, wie zum Beispiel in München oder Hamburg, sicherlich zu Übertreibungen gekommen. Vor allem im hochpreisigen Neubaubereich wurden und werden teilweise Quadratmeterpreise aufgerufen, die völlig abgekoppelt von der Entwicklung des regionalen Mietniveaus sind“, gibt er zu bedenken.
Daher gilt: Investoren sollten nicht ausschließen, dass es in diesen Bereichen auch wieder zu Preiskorrekturen kommen kann. Ohnehin sind Neubau- Eigentumswohnungen des hochpreisigen Segments aufgrund der in der Regel niedrigen Mietrendite meist nicht erste Wahl für eine Kapitalanlage. „Möglicherweise gibt es in einzelnen Trendvierteln der Metropolen kleine ‚Preisbläschen‘, aber ein genereller Preiseinbruch am Wohnimmobilienmarkt ist keinesfalls in Sicht“, relativiert Braun. „Im Gegenteil: Es sind weitere Steigerungen zu erwarten. Die Euro-Inflationsangst treibt die Nachfrage und es herrscht vielfach ein zu geringes Angebot.“
Seite 6: Trotz der Preissteigerungen rational handeln [6]
Auch die Mieten werden sich nach Einschätzung von Braun weiterhin aufwärts entwickeln: „Wir haben im vergangenen Jahr einen deutlichen Anstieg der Mietpreise in den Ballungsräumen beobachtet und rechnen damit, dass sie auch in den kommenden ein bis drei Jahren weiter anziehen“, ist er überzeugt.
Grundregeln beachten
Wenn auch die Aussichten für weitere Preissteigerungen in vielen Metropolen gut sind, sollten Interessenten trotzdem nicht blind kaufen. Entscheidend für die Frage, ob sich ein Investment für Kapitalanleger an einem Standort lohnt, ist zunächst die Frage, ob die Mieten gleichermaßen wachsen wie das Preisniveau. In München und Hamburg war dies im vergangenen Jahr in den begehrten Lagen nicht der Fall. Anleger, die dort kaufen, müssen sich daher mit einer deutlich niedrigeren Mietrendite zufriedengeben als an anderen Standorten.
Dass die Nachfrage dennoch so groß ist, liegt daran, dass es an alternativen Anlagemöglichkeiten an den Kapitalmärkten mangelt und die Käufer auf künftige Wert- und Mietsteigerungen setzen. Neben den guten Perspektiven eines Standorts und einer Mikrolage sollte letztlich die Analyse der jeweiligen Immobilie den Ausschlag für die Investitionsentscheidung des Anlegers geben. In diese Bewertung fließen viele weitere Faktoren wie Zustand und Schnitt des Objekts mit ein. Denn nicht jede an einem gefragten Markt angebotene Immobilie ist automatisch ein guter Kauf.
„Die Kapitalanleger agieren derzeit etwas hysterisch. Auch wenn es gute Anlagechancen gibt, sollte die einzelne Immobilie genau unter die Lupe genommen und nicht zu einem überhöhten Preis gekauft werden“, mahnt Braun. Wer diese Grundregel beherzigt und auf ein vernünftiges Verhältnis zwischen Preis und erzielbarer Mieteinnahme achtet, hat auch in den Metropolen gute Chancen auf ein ertragreiches Investment.
Text: Barbara Kösling, Cash.